Gewalt im Namen Gottes?

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zu Psalm 9

Psalm 9 gehört für mich defin­i­tiv zu den schwieri­gen Psalmen. Beim Lesen empfinde ich äusserst Wider­sprüchliches. Ein­er­seits beein­druckt mich der Dank für die Erret­tung aus Not durch Gott. Das wirkt echt und inspiri­erend. Der Dichter hat offen­bar gründlich nach­ge­dacht und buch­sta­biert (die Ver­san­fänge fol­gen dem hebräis­chen ABC) aus­führlich seine Dankbarkeit gegenüber Gott. Das finde ich ausge­spro­chen lobens- und nachah­menswert. Ander­er­seits melde ich überzeugt Wider­spruch an, wenn der Beter Gott für die Ver­nich­tung und Zertrüm­merung des Fein­des dankt. Schon im Gebet einen entsprechen­den Rachewun­sch zu äussern, finde ich aus­ge­sprochen schwierig. Natür­lich ist es emo­tion­al nachvol­lziehbar und kön­nte sog­ar heil­sam sein (im Sinne ein­er Psy­chohy­giene). Viel zu weit geht mir aber, dass der Beter die Ver­nich­tung geg­ner­isch­er Men­schen als Gottes Wille und Tat proklamiert und ihm dafür dankt. Damit masst er sich doch ein defin­i­tives Urteil im Namen Gottes an, dass jede spätere Gnade ausschliesst.

Kriege sind grausam. Umso schlim­mer, wenn sie auch noch im Namen Gottes geführt wur­den bzw. wer­den. Bei der Anwen­dung von Gewalt sich anzu­massen, nur der ver­längerte Arm Gottes zu sein, das kann nie richtig sein. Schliesslich lautet Jesu Gebot: «Liebt eure Feinde und betet für die, die euch ver­fol­gen!»[1]

Als Lesung oder gar als Gebet im Gottes­di­enst scheint mir Psalm 9 deshalb nicht geeignet. Ich kann ihn einord­nen als Zeug­nis ein­er Stufe des Gottesver­ständ­niss­es, das mit und dank Jesus Chris­tus defin­i­tiv über­wun­den sein sollte. Ich kann mir dieses Gebet in der Seel­sorge als Beispiel dafür vorstellen, dass nie­mand im Gebet vor Gott aus dem eige­nen Herzen eine Mörder­grube machen muss. Aber darüber hin­aus gehe ich sehr einig mit der Autorin in MIT DER BIBEL DURCH DAS JAHR 2017. Sie schreibt: «Ich bin ein Kind mein­er Zeit. Ich sehe, wie in dieser Zeit ‘im Namen Gottes’ Krieg geführt wird – wie zu allen Zeit­en und: Nein, ich kann und will darin kein gerecht­es Han­deln eines gerecht­en Gottes erken­nen, der seine Sache aus­führt. Den­noch: Ich glaube an einen gerecht­en Gott, der die Welt in seinen Hän­den hält. Möge seine Gerechtigkeit doch so wun­der­sam anders sein, wie ich es von Wei­h­nacht­en her kom­mend und auf Ostern zuge­hend zu hof­fen wage!»[2]

Fragen und Gedankenanstösse:

  • Zur per­sön­lichen Umset­zung: Rachege­füh­le sind manch­mal unver­mei­d­bar. Wie kann man sie über­winden oder verarbeiten?
  • Zur Diskus­sion: Kann Gewalt je im Namen Gottes gerecht­fer­tigt wer­den? Warum nicht?
  • [1] Matthäus 5,44

[2] Ulrike Jung zu Psalm 9 (29.Januar) in: Mit der Bibel durch das Jahr, öku­menis­che Bibelausle­gun­gen 2017, erschienen im Kreuz Ver­lag und im katholis­chen Bibelwerk

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