Gott, was soll ich tun?

zu Apos­telgeschichte 15,36–16,40

Bis zu 20’000 Ent­scheidungen tre­f­fen wir jeden Tag. Als Chris­ten möcht­en wir dies so gut wie möglich im Sinne Gottes tun. Das gilt schon für kleine, alltägliche Fra­gen und noch viel mehr für grundle­gende Weichen­stel­lun­gen für das ganze Leben. Darum beten wir um Führung, dass Gottes Geist uns leit­en möge, zum Beispiel zu Beginn ein­er Sitzung.

Weil wir im Sinne Gottes reden, entschei­den und han­deln möcht­en, wären uns ein­deutige Zeichen, was im Moment richtig wäre, sehr willkom­men. Doch gibt es solche Zeichen? Ich erlebe in der konkreten Sit­u­a­tion immer wieder, dass ich unsich­er bin, was zu tun ist. Den­noch muss ich Ver­ant­wor­tung übernehmen, auch wenn erst lange später, falls über­haupt, klar wird, wie gut eine Entschei­dung war.

Die Bibel zeigt mir, dass es selb­st Paulus wohl ähn­lich ging. Nehmen wir z.B. den Bericht der Apos­telgeschichte vom Start zu sein­er zweit­en Mis­sion­sreise, nachzule­sen in den Kapiteln 15,36 — 16,40: Die Führung durch den Heili­gen Geist scheint da schw­er fass­bar. Paulus ist kein Glauben­sheld, der unberührt von Zweifeln ziel­sich­er den von Gott gezeigten Weg geht. Im Gegen­teil: Ziem­lich viel Stochern im Nebel, ziem­lich viel «Tri­al and Error» prä­gen sein Unterwegssein.

Der Rei­he nach: Am Anfang ste­ht die grosse Vision von Paulus und Barn­abas für eine neue Mis­sion­sreise. Doch schon bei der Frage, wer mitkom­men soll, gibt es so hefti­gen Stre­it, dass sich die bei­den Part­ner tren­nen. Mit einem neuen, uner­fahre­nen Team bricht Paulus trotz­dem auf. Bald trifft er Tim­o­theus und erken­nt ihn ihm einen kün­fti­gen Top-Mitar­beit­er. Doch seine Ref­eren­zen stim­men nicht. Er hat einen hei­d­nis­chen Vater. Paulus ist zwar überzeugt, dass dies keine Rolle spielt. Aus Rück­sicht auf Judenchris­ten und einen mit anderen Apos­teln ger­ade erst müh­sam errun­genen Kom­pro­miss sieht er sich den­noch gezwun­gen, diesen Tim­o­theus zu beschnei­den. Son­st kön­nte er ihn nicht als seinen Mitar­beit­er auf­bauen. Dann: Auf der Weit­er­reise fehlt das Ziel. Und beim Tri­al and Error zeigt sich der Heilige Geist nur dann ein­deutig, wenn er etwas ver­hin­dert. Türen gehen zu, eine nach der anderen. Es heisst nur: «Der Heilige Geist ver­wehrte es ihnen!». Nach viel ziel­losem Herum­suchen macht dann endlich ein Traum den Weg frei für die ganz grosse Gren­züber­schre­itung: Es soll nach Europa gehen, auf einen neuen Kon­ti­nent. Doch auch dort ist die Mis­sion­sreise alles andere als ein Tri­umphzug. In Philip­pi gibt es keine Syn­a­goge, son­dern ‘nur’ Frauen (die damals so wenig Rechte hat­ten, dass sich nie­mand für einen erfol­gver­sprechen­den Start­up nur auf Mitar­bei­t­erin­nen abgestützt hätte), die sich zum Gebet tre­f­fen. Ent­ge­gen allen Erwartun­gen passiert genau bei ihnen mit der Bekehrung der Lydia die Ini­tialzün­dung, die dem Evan­geli­um den Weg nach Europa defin­i­tiv öffnet.

Immer wieder weit­erge­hen, am Ver­trauen fes­thal­ten und nicht aufgeben, das scheint hier weit­erzuführen. Beein­druck­end, aber auch eine kri­tis­che Anfrage an uns: Wir ver­suchen, Visio­nen in feste Konzepte zu giessen und gehen oft erst los, wenn wir Ziele definiert, über­prüf­bare Meilen­steine fest­gelegt und die Finanzierung gek­lärt haben. Ob wir nicht oft bess­er ein­fach mal auf Grund ein­er Idee losle­gen sollten?

Allerd­ings: Auch der weit­ere Weg von Paulus und Silas in Philip­pi bleibt ein Stochern im Nebel. Abge­se­hen von der Überzeu­gung, im Dienst Christi zu ste­hen und sein Evan­geli­um ver­bre­it­en zu wollen, ist kein­er­lei Pla­nung oder gar Strate­gie erkennbar. Das Wun­der des Exorzis­mus bei der Wahrsagemagd passiert uner­wartet und eigentlich nur, weil Paulus und Silas von ihr gen­ervt sind. Und der Strudel der Ereignisse, in den sie daraufhin hineinge­zo­gen wer­den, kön­nen die Apos­tel wed­er geplant noch gewollt haben. Bein­druck­end finde ich aber neb­st der unbe­d­ingten Loy­al­ität zu ihrem apos­tolis­chen Auf­trag (dem sie alles, auch das eigene Wohbefind­en, unterord­nen) ihre Fähigkeit, den richti­gen Moment zu erken­nen und auszunützen (The­olo­gen sprechen in diesem Zusam­men­hang vom ‘Kairos’). Eine benei­denswerte Geis­tes­ge­gen­wart lässt sie im richti­gen Moment gut reagieren, gibt ihnen dann z.B. auch die Kraft, im Gefäng­nis nach der Aus­peitschung und eingeschlossen im Block das Lob Gottes anzus­tim­men. – Haben wir also den Mut, nach mehr Geis­tes­ge­gen­wart zu streben und dafür planer­ische und strate­gis­che Aktiv­itäten eher zurückzufahren!

Fragen und Gedankenanstösse:

  • Zur per­sön­lichen Umset­zung: Wie gewinne ich die Geis­tes­ge­gen­wart, die mich im Moment gut im Sinne von Gottes Geist entschei­den und han­deln lässt?
  • Zur Diskus­sion: Gibt es einen Plan Gottes für mein Leben? Wenn ja, was ist, wenn ich – wom­öglich mit besten Absicht­en – gegen diesen Plan han­dle und entscheide?

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