zu Lukas 13,6–9
Als Hobbyfotograf weiss ich, dass besondere Bilder nicht im Handumdrehen machbar sind. Es braucht oft viele Versuche. Manchmal muss man lange warten, bis die Lichtverhältnisse stimmen, das Sujet gut getroffen und das Bild auch noch scharf ist. Aber wenn dann so ein Schnappschuss wie der vom Futter sammelnden Eichelhäher gelungen ist, weiss man, dass sich das Warten, die Geduld gelohnt hat. Manchmal hat man auch Glück und muss gar nicht so lange warten. Auf einer USA-Reise reichte eine halbstündige Rast, um mehrere Grauwale vorbeischwimmen zu sehen … und sogar zu fotografieren. Andere Touristen, die nur für Minuten neben uns hielten und ins Meer spähten, verpassten diese Begegnung, obwohl wir ihnen davon erzählten.
Im Alltag ist meine Geduld ausbaufähig
An solche Erlebnisse als Fotograf erinnert mich Jesu Gleichnis vom Feigenbaum. Darin geht es auch darum, dass Geduld sich lohnt. Beim Fotografieren bringe ich sie oft spielend auf. Aber sonst im Alltag sieht es anders aus: Wie leicht ärgern mich schon die paar Sekunden, die ich an einer roten Ampel verliere! Wie schnell will ich bei der Arbeit Resultate sehen! Wie wenig bin ich oft bereit, meinen Mitmenschen Zeit einzuräumen. Wie schnell schreibe ich etwas oder jemanden definitiv ab. Dabei würde sich etwas Geduld oft sehr lohnen.
Geduld bedeutet den Mut, lange zu warten
Aber eben, wir sind Kinder einer hektischen und ungeduldigen Zeit. Wir verlangen Ergebnisse, setzen Fristen und fordern Konsequenzen. Gegen diesen Trend Geduld zu haben und warten zu können, erfordert unter Umständen viel Mut. Dabei fällt mir ein, dass ‘Geduld’ in älteren Bibelübersetzungen oft mit ‘Langmut’ wiedergegeben wird. Geduld bedeutete demnach den Mut, lange zu warten. Diesen Mut zu entwickeln fordert mich heraus. Doch ich ahne: Es könnte sich lohnen.
Jesus ist sehr geduldig mit mir
Und noch etwas sagt mir Jesu Gleichnis: Er als der Weingärtner in dieser Geschichte hat viel Geduld mit mir. Wo andere mich längst abschreiben, weil ich die Erwartungen nicht erfülle, umsorgt er mich und lässt mir Zeit, damit wachsen kann was werden soll. Wie tröstlich ist es, wenn ich mich darauf verlassen kann.
Fragen und Gedankenanstösse:
- Zur persönlichen Umsetzung: Wo darf ich mit mir selber geduldiger sein? Wer ist heute besonders auf meine Geduld angewiesen? Für wen will oder sollte ich in dieser Woche besonders Zeit reservieren?
- Zur Diskussion: Dankbarkeit für die Geduld anderer ist das eine, Bequemlichkeit, die selbstsüchtig die unendliche Geduld des anderen ausnützt, etwas ganz anderes. Wo sind die Grenzen? — Und: Wie gewinne ich aus Jesu Geduld mit mir den Rückenwind, der nachhaltige und notwendige Veränderungen ermöglicht?