Denk-mal

zu Hes­ekiel 36,26 und 1.Mose 28,10–22

Luther-Denkmal in Eisenach

Heute vor 500 Jahren begann die Refor­mation. Sie hat auf vie­len Gebi­eten grosse Verän­derun­gen aus­gelöst. Im Nach­hinein wurde sie als Brücke zu ein­er neuen Epoche eingeschätzt. Diesen Jahrestag zu feiern ist also wohl ge­rechtfertigt. Doch wie? Geht es um Denkmalschutz? Oder eher um ein Nach­denken, das heute Veränderun­gen (Refor­men) in Glaube und Kirche begünstigt?

Hat die Reformation ihr Anliegen verwirklicht?

Als Mar­tin Luther am 31.Oktober 1517 seine 95 The­sen zum Ablasshan­del veröf­fentlichte (ob er sie wirk­lich an das Por­tal der Schlosskirche Wit­ten­berg geschla­gen hat, ist unter His­torik­ern umstrit­ten), wollte er nur einen kleinen Beitrag zur Erneuerung von Kirche und Glaube leis­ten. Man kön­nte mit der Jahres­lo­sung 2017 for­mulieren: Es wollte begün­sti­gen, dass Gottes Ver­sprechen aus Hes­ekiel 36,26 wahr, dass Men­schen eine neues Herz und ein neuer Geist geschenkt wird. Ob die Ref­or­ma­tion dieses Ziel erre­ichte? Wur­den Men­schen neu, anders? Das auf die Ref­or­ma­tion fol­gende düstere Zeital­ter erbit­tert­er Reli­gions- und Kon­fes­sion­skriege lässt einen in dieser Hin­sicht skep­tisch bleiben. Sich­er erlebten viele per­sön­lich Befreien­des. Aber Machtkämpfe, gegen­seit­ige Verurteilun­gen,  Miss­brauch der Reli­gion für ego­is­tis­che Ziele, Respek­t­losigkeit­en, Unter­drück­ung und Ver­fol­gung ganz­er Grup­pen und Schicht­en .… gin­gen weit­er (Let­zteres hat übri­gens Mar­tin Luther mit anti­semi­tis­chen Äusserun­gen zum Beispiel im Blick auf die Juden lei­der sog­ar noch geschürt).

Gibt es etwas zu feiern? Und wenn ja, wie?
2016: Bauar­beit­en an der Schlosskirche Wittenberg

Die Ref­or­ma­tion ist also im Blick auf ihre ursprünglichen Ziele wohl bis heute nicht vol­len­det. Auch heute gilt: Kirche und Glaube bedür­fen ständi­ger Erneuerung (eccle­sia sem­per refor­man­da — lat für ‘die Kirche muss sich immer reformieren’). Das Refor­ma­tion­sju­biläum zu feiern kann sich­er nicht bedeuten, dass sich irgendw­er auf seinen Lor­beeren aus­ruhen könnte.

Zusam­men mit mein­er Frau war ich im Herb­st 2016 län­gere Zeit in Deutsch­land unter­wegs und habe ver­schiedene his­torische Bren­npunk­te der Ref­or­ma­tion besucht. Auf Schritt und Tritt begeg­neten wir dabei den Vor­bere­itun­gen auf das grosse Jubiläum­s­jahr. Dabei hat uns irri­tiert, dass viele dieser Vor­bere­itun­gen im Zeichen der Denkmalpflege zu ste­hen schienen. Was da in Eise­nach, in Erfurt, vor allem aber in Wit­ten­berg alles ren­oviert und her­aus­geputzt wurde! Es schien sog­ar, als würde teil­weise längst Zer­fal­l­enes im Stil der dama­li­gen Zeit wieder neu aufgebaut.

Doch ich bin überzeugt: Ein per­fekt chore­o­gra­phiertes, wom­öglich geschöntes Bild der dama­li­gen Zeit ist unnötig. In Stein gemeis­selte Mon­u­mente oder zu Mar­mor erstar­rte Heldengeschicht­en von früher helfen nie­man­dem. Solche Denkmäler entsprechen nicht dem Geist der Ref­or­ma­tion. Wenn ein Denkmal aber ins Nach­denken und vielle­icht in Bewe­gung brin­gen kön­nte im Blick auf die Erneuerung von Glaube und Kirche heute, ja dann wäre das Refor­ma­tion­sju­biläum mehr als sinnvoll.

Auf meine Haltung kommt es an

Let­ztlich ist es eine Frage mein­er Hal­tung: Sehe ich in einem Denkmal ein Mon­u­ment ver­gan­gener Zeit­en? Oder ver­ste­he ich es als die Auf­forderung an mich: Denk mal (nach)? Im zweit­en Fall kön­nte ein Denkmal der hil­fre­iche Stolper­stein sein, der mich aus dem Trott wirft und ins Nach­denken bringt, zum Beispiel über die Erneuerung von Glaube und Kirche heute und meinen Beitrag dazu.

Die Geschichte vom Traum mit der Him­mel­sleit­er (1.Mose 28,10–22) erzählt, wie Jakob am fol­gen­den Mor­gen einen Stein als Denkmal aufgerichtet hat. Er ver­stand das wohl genau im beschriebe­nen Sinn als Stolper­stein, d.h. als die Erin­nerung: ‘Hier begeg­nest Du Gott. Über­leg Dir, wie du diese Begeg­nung angemessen gestaltest!’

Wart­burg — Ort der Bibelüber­set­zung durch Mar­tin Luther

So ver­suche ich auch das Refor­ma­tion­sju­biläum zu bege­hen: Denkmäler und Geschicht­en von damals will ich als Anstösse sehen, die mich heute motivieren, mich für die Erneuerung von Glaube und Kirche zu engagieren. Als sehr hil­fre­ich habe ich dabei den Refor­ma­tion­sweg erlebt, den die ev.-ref. Kirche Rohrbach BE 2017 rund um ihr Kirchenge­bäude ein­gerichtet hat. Er zeigt: Das Refor­ma­tion­sju­biläum ist dann sehr sin­nvoll, wenn es mich heute motiviert, die Begeg­nung mit Gott zu suchen.

Fragen und Gedankenanstösse:

  • Zur per­sön­lichen Umset­zung: In welch­er Beziehung bin ich selb­st beson­ders darauf angewiesen, dass Gott mir “ein neues Herz und einen neuen Geist” (Jahres­lo­sung 2017) schenkt?
  • Zur Diskus­sion: Braucht der Glaube wirk­lich Erneuerung? Oder geht es um die Verän­derung von Men­schen, damit wir so glauben kön­nen, wie es Jesus vor­lebte und zeigte?

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