Vertrauen auf Vorschuss

zu Lk 19,1–10

Es ist aus­ge­sprochen schwierig, Men­schen zu dauer­haften Ver­änderungen ihres Ver­hal­tens zu motivieren. Gute Argu­mente oder sozialer Druck haben nur beschränk­te Wirkung. Auch das Mot­to ‘Zucker­brot oder Peitsche’ funk­tion­iert sel­ten nach­haltig. Wir Men­schen sind in vie­len Belan­gen aus­ge­sprochen beratungsre­sistent. Von Jesus allerd­ings erzählt das Neue Tes­ta­ment, dass er auch ‘harte Nüsse’ lock­er knack­en kon­nte. Wie machte er das bloss? 

Ein hoffnungsloser Fall?

Viele Men­schen, die durch eine Begeg­nung mit Jesus nach­haltig verän­dert wur­den, gal­ten vorher als hoff­nungslose Fälle. Der Oberzöll­ner Zachäus war ein Parade­beispiel dafür. Er hat­te sich zwar soviel Macht und Reich­tum erar­beit­et, dass man ihn beacht­en musste. Ja, er wurde sog­ar gefürchtet. Aber Respekt oder gar Liebe brachte ihm kein­er ent­ge­gen. So war er aus­ge­sprochen ein­sam und musste ertra­gen, dass ihm nie­mand etwas gön­nte und jed­er Beifall bekam, der ihm eins auswis­chte. Dass er dies auch sich sel­ber zuzuschreiben hat­te, war ihm wohl schon klar. Schliesslich hat­te er schon viele übers Ohr gehauen. Doch warum sollte er sich ändern, wenn ihm kein­er auch nur einen einzi­gen Schritt entgegenkam?

Nicht, dass Zachäus gerne ein Aussen­seit­er, ja Aus­geschlossen­er gewe­sen wäre. Aber er wusste sich nicht anders zu wehren, als indem er erlittenes Mob­bing mit neuen Tricks und Über­vorteilun­gen heimzahlte.

Umarmung statt Zeigefinger

Dabei sehnte sich Zachäus wohl nach nichts mehr als nach men­schlich­er Nähe, nach Fre­und­schaft. Jesus erfasste das und lud sich deswe­gen aus­gerech­net bei ihm als Gast ein. Damit stiess er all jene vor den Kopf, die überzeugt waren, Sün­der müssten aus­ge­gren­zt werden.

«Heute muss ich dein Gast sein!» Mit diesem kurzen Satz knack­te Jesus die Abwehr, die Zachäus seit langem um sich herum aufge­baut hat­te. Respekt, Ver­trauen auf Vorschuss und Liebe bewirk­ten, dass der Oberzöll­ner aus dem Sch­neck­en­loch her­vorkroch, in das er sich seit langem zurück­ge­zo­gen hat­te. Statt ihm wie alle anderen seine Fehler vorzuhal­ten, umarmte Jesus Zachäus gewissermassen.

Liebe motiviert, über sich hinauszuwachsen

Mich fasziniert an dieser Geschichte nicht nur das Ergeb­nis ein­er total­en Neuaus­rich­tung des Lebens. Noch mehr begeis­tert mich, dass diese radikale Verän­derung ohne irgendwelchen Druck zus­tande kommt. Lukas hat zwar nicht aufgeschrieben, was die bei­den unter vier Augen miteinan­der gesprochen haben. Aber Jesus kann Zachäus wed­er als zorniger Gericht­spredi­ger noch als Moral­ist begeg­net sein. Son­dern er muss ihm die gren­zen­lose Liebe des göt­tlichen Vaters beschrieben haben, die er früher im Gle­ich­nis von den ver­lore­nen Söh­nen so unübertrof­fen formulierte.

Das aus­lösende Moment für die Wand­lung des Zachäus scheint zu sein: Jesus find­et den, der meint, sich ver­steck­en zu müssen. Er nimmt ihn wahr und wichtig. Und das reicht, um die Verän­derung einzuleit­en, über die Zachäus vielle­icht schon länger nachgedacht hat­te, zu der er aber in sein­er Abwehrhal­tung gegen die ihm ent­ge­gen­schla­gende Ver­ach­tung wed­er den Mut noch die Bere­itschaft gefun­den hatte.

Fragen und Gedankenanstösse:

  • Zur per­sön­lichen Umset­zung: Gibt es Men­schen in mein­er Umge­bung, denen ich weniger zurück­hal­tend, auswe­ichend oder abgren­zend begeg­nen kön­nte? Vielle­icht müsste ich nur um ein wenig Mut beten und kön­nte dann so auf sie zuge­hen wie Jesus Zachäus begegnet.
  • Zur Diskus­sion: Jesu Prinzip scheint hier zu laut­en: Inte­gra­tion statt Aus­gren­zung. Ist das immer erfol­gver­sprechend? Wenn nein, wann wird es gefährlich oder kontraproduktiv?

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