Warten auf Erhörung

Pho­to by Dev Ben­jamin on Unsplash

zu Psalm 30,3 und 2. Korinther 12,9

Auf den ersten Blick scheinen in der Bibel alle Kranken gesund und alle Gebete er­hört zu wer­den. Wie geht man damit um, wenn man selb­st krank ist und bleibt oder wenn trotz starkem Rin­gen im Gebet per­sönliche Herzen­san­liegen uner­füllt bleiben?

Berichte über Gebet­ser­hörun­gen und Heilun­gen kön­nen begeis­tern und motivieren. Das tun sie aber nicht immer. Je nach per­sön­lich­er Befind­lichkeit und Sit­u­a­tion kann es auch frus­tri­erend sein, wenn anderen geholfen wird, während man sel­ber schon lange auf die Gebet­ser­hörung wartet. Manch­mal ärg­ert es mich sog­ar, wenn ich in der Bibel Sätze lese wie den aus Psalm 30,3. Da betet ein­er: «HERR, mein Gott, als ich schrie zu dir, da macht­est du mich gesund.»  — Schön für dich, denke ich, aber was ist mit meinen offe­nen Gebet­san­liegen? Warum berichtet die Bibel so oft von erhörten Gebeten und erfol­gten Heilun­gen, aber so wenig von Men­schen, die trotz aller Gebete krank geblieben sind? Es würde mir und vie­len anderen helfen, mehr zu erfahren von Men­schen, die lange mit uner­füll­ten Gebeten leben mussten und den­noch ihr Ver­trauen auf Gott nicht aufgegeben haben. Hier aber steht:

«HERR, mein Gott, als ich schrie zu dir, da macht­est du mich gesund.» — Ich selb­st erfreue mich zwar ein­er robusten Gesund­heit und war bish­er nie auf eine Heilung im engeren Sinn angewiesen. Aber ich habe wegen ander­er Anliegen zu Gott gebetet, ja geschrien – und eine Antwort schien auszubleiben. Zum Beispiel hat meine Frau seit vie­len Jahren mit gesund­heitlichen Störun­gen zu kämpfen. Es ist zwar nichts Gefährlich­es oder Lebensverkürzen­des, aber lästig und zeitweise ziem­lich ein­schränk­end. Natür­lich haben wir immer wieder um Heilung gebetet. Aber abge­se­hen von ein­er gewis­sen Sta­bil­isierung und der zunehmenden Fähigkeit, mit den Ein­schränkun­gen zu leben, passierte wenig bis nichts.

Ich bin überzeugt, dass dies nicht an Form­fehlern beim Beten liegt. Und auch nicht an fehlen­den Fähigkeit­en Gottes, uns zu helfen. Es muss andere Gründe geben, die mir aber  zum Teil rät­sel­haft bleiben. Wenn ich in der Bibel nach Hil­fe suche, um damit umzuge­hen, finde ich zwei Hin­weise: Ein­er­seits lese ich von Paulus, dass seine Bitte um Heilung uner­füllt blieb. Gott habe ihm auf seine Gebete hin gesagt: «Lass dir an mein­er Gnade genü­gen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig» (2. Kor 12,9) Das ist mehr als nur ein schwach­er Trost. Schliesslich wird ger­ade dort, wo wir schwach und bedürftig sind, Gottes tra­gende Nähe und Kraft beson­ders gut spür­bar. Ander­er­seits werde ich an Jesus auf seinem Lei­densweg erin­nert. Er betete im Garten Geth­se­mane darum, vor dem Lei­den bewahrt zu bleiben (vgl. Mk 11,36 par), allerd­ings mit dem Vor­be­halt: «Nicht was ich will, son­dern was du willst» — Gott wollte etwas anderes und Jesu Bitte blieb uner­füllt. Jesus weiss also, wie das ist, wenn ein im Gebet aus tief­stem Herzen her­aus­geschriener Wun­sch nicht erfüllt wird. Das tröstet mich. Schliesslich ist mir – und ist uns allen zuge­sagt –, dass er Jesus an unser­er Seite ist und mitlei­det. Was immer uns zu schaf­fen macht, er trägt mit. Wenn ich daran denke, lerne ich, mit eige­nen uner­füll­ten Bit­ten klar zu kom­men. Ich lerne, von mir weg auf ihn zu schauen. Und darauf zu ver­trauen, dass er weiss, was gut und richtig ist. Und ich lerne sog­ar, mich mitzufreuen, wenn ein ander­er jubeln kann: «HERR, mein Gott, als ich schrie zu dir, da macht­est du mich gesund.»

(Dieser Beitrag geht in leicht verän­dert­er Form am 17.März2018 bei ERF Plus als Wort zum Tag über den Sender)

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