Die neueste Ausgabe der antenne (Medienmagazin aus dem Haus ERF Medien) bringt mich auf das Stichwort Querdenker. Das sind Leute, deren Denken nicht einfach ausgetretenen Pfaden folgt, die unerwartete thematische Verknüpfungen wahrnehmen und neue Ideen kreieren können. Sie ecken zwar häufig an mit ihren Gedanken. Aber sie sind oft besser als andere in der Lage, notwendige Veränderungen anzustossen.
Viele biblische Persönlichkeiten waren wohl ausgesprochene Querdenker. Ich denke etwa an Amos, der über perfekt inszenierte Opfer und Gesänge im Tempelgottesdienst urteilte: “Gott mag den Lärm eurer Lieder nicht und eure Brandopfer stechen ihm in die Nase!” (vgl. Amos 5,21–24). Oder ich denke an Paulus, der über traditionell unverrückbare Grenzen hinausdenken konnte und schrieb: “Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau. Denn ihr seid alle eins in Christus Jesus” (Galater 3,28). Und ich denke natürlich an Jesus selbst, der sich in der Begegnung mit Sündern nicht an der Strenge des Gesetzes, sondern an der grenzenlosen Liebe Gottes orientierte. Er war es auch, der begriff und erlitt, dass Böses nicht durch Gewalt, sondern nur im Aushalten zu überwinden ist.
Ich bin selbst höchst selten ein Querdenker. Manchmal bin ich ein nicht sehr präziser Schnelldenker, häufiger aber ein wohl allzu gründlicher Nachdenker. Aber ich ahne, dass wir in Gesellschaft und Kirche mehr Querdenker brauchen bzw. besser auf sie zu hören lernen müssen. So wären wir aktuellen Herausforderungen eher gewachsen. Denn Querdenker haben oft das beste Gespür dafür, dass wir Gottes Ideen noch bei weitem nicht umgesetzt haben, ja, dass seine Gedanken das, was wir für normal und richtig halten, sehr oft radikal durchkreuzen. Seine Gedanken sind eben nicht unsere Gedanken (vgl. Jes 55,8f). Aber seine Gedanken würden dort viel weiterführen, wo wir mit unseren Ideen längst wie der Esel am Berg stehen.
Querdenker könnten uns in der Gemeinde z.B. zu entdecken helfen: Es geht nicht darum, unsere eigenen Bedürfnisse möglichst optimal zu managen. Sondern es geht darum, den Menschen im Namen Gottes zu dienen und sie mit der Liebe Christi in Kontakt zu bringen. Etwa so, wie es im Mission Statement der EMK heisst: “Unsere Mission ist, Menschen in die Nachfolge Jesu Christi führen, um so die Welt zu verändern.” - Wenn wir auf Querdenker in unseren Reihen hören und ihren Ideen zu folgen wagen, würden wir wohl auch erleben, dass wir selbst dabei nicht zu kurz kommen. Jesus sagte es so: “Sorgt euch zuerst darum, dass ihr euch seiner Herrschaft unterstellt, und tut, was er verlangt, dann wird er euch schon mit all dem anderen versorgen” (vgl. Mt 6,33).
Darum bete ich erstens um mehr Querdenker, zweitens um die Fähigkeit, ihre Ideen ernst zu nehmen und drittens um den Mut, Schritte auf neuen Wegen zu wagen.