zu Nehemia 8,10
Der Schriftgelehrte Esra spricht den versammelten Israeliten zu: “Die Freude am Herrn ist eure Stärke!” Dieser Zuspruch geht mir schon einige Tage nicht aus dem Kopf.
Ich wünschte mir, dass die Freude am Herrn die Stärke bzw. die herausstechende Eigenschaft meines Gottesglaubens wäre. Oft ist sie es aber nicht. Anderes drängt sich in den Vordergrund: Tradition, Pflichtbewusstsein, Gewohnheit, Moral, Lehre, sozialer und missionarischer Auftrag … Die Freude aber wird zugedeckt und der Glaube fühlt sich so schnell anstrengend an.
Ich stelle mir vor: Wenn Freude die Grundlage meines Glaubens wäre, würde alles andere, was auch wichtig ist, ein wenig leichter. Tradition wäre dann mehr reiches Erbe als anstrengende Verpflichtung. Moral und Lehre wären von Humor durchwirkt. Anderen zu dienen und vom Glauben zu erzählen wäre mir keine Last, sondern ein Bedürfnis.
An Pfingsten (vgl. Apostelgeschichte 2,1–11) geschah etwas mit den Jüngern Jesu. Was sie vorher nie gewagt hätten, ging plötzlich wie von selber: “Sie verkündeten die grossen Taten Gottes” (Apg 2,11) Könnte man das nicht damit erklären, dass an diesem Tag “die Freude am Herrn zu ihrer Stärke wurde”?
Zur Freude kann man sich selbst nicht zwingen. Man kann sie weder bei anderen noch bei sich selbst ‘machen’. Sie ist ein Geschenk. Darum ist mein Gebet im Hinblick auf Pfingsten: “Herr, mach die Freude an Dir zu meiner Stärke!”