GASTBEITRAG: Corona — Leben im Wohlfühl-Ghetto

von Max Huber, EMK-Pfar­rer im Ruhestand

Coro­na und sein lebens­bedro­hen­der, tödlich­er Virus hat unseren All­t­ag in weni­gen Tagen total auf den Kopf gestellt. Das Leben auf nie vorstell­bar­er „Sparflamme“ hat nicht nur fra­gende Augen, Hek­tik und Äng­ste, son­dern auch eine grosse und über­raschende Sol­i­dar­ität ausgelöst. 

Ich bin überzeugt, dass der grosse Schöpfer allen Lebens noch nicht fer­tig ist mit uns!!! So hat er uns, mit­ten in der Pas­sions-Zeit, diese Not-Bremse unge­fragt verord­net, um unsere hohen Ansprüche von Hal­lo: “Ich will alles, ich will mehr und ich will es sofort” endlich zu über­denken und herunter zu schrauben. 

Denn wir schwim­men im Luxus und wis­sen nicht mehr, wofür wir leben. Wir besitzen alles und haben an fast nichts mehr Freude. Unsere Wurzeln sind faul gewor­den durch die Über­be­w­er­tung von Geld und Besitz, durch eine kranke Lebensweise in ver­schmutzter Umwelt und einem krankhaften Tages-Rhyth­mus, der die Nacht zum Tag macht. Unsere Träume zer­bre-chen an vollen Bäuchen und leeren Herzen.

Was Gre­ta lei­den­schaftlich und uner­müdlich angetippt hat, ist plöt­zlich für alle über­raschend schnell, schmer­zlich und ein­schnei­dend eingetroffen. 

Aber – nochmals – und das ist die gute Nachricht: „Gott ist noch nicht fer­tig mit uns!!!!“ 

Es kön­nte ja sein, dass wir – dank Coro­na – endlich erken­nen, was wirk­lich wichtig ist in unserem Leben und ständi­ges Wach­s­tum eine absurde Idee unser­er Kon­sumge­sellschaft ist.

Es kön­nte sein, dass in dieser Krise die Chance für einen längst über­fäl­li­gen Wan­del liegt, der die Erde und uns mit ihr wieder aufat­men, aufhorchen lässt. 

Aktuell lese ich im Inter­net: Coro­na-Virus hat das Leben in Ital­ien kom­plett zum Still­stand gebracht. Auf die Natur wirkt sich das schnell pos­i­tiv aus. Dank dem plöt­zlich klaren Wass­er wer­den Delfine in Ital­iens Häfen gesich-tet und Fis­che schwim­men in den Kanälen von Venedig!!

Diese über­raschende Antwort unser­er arg stra­pazierten Erde ist der Anfang ein­er erfahrbaren und anhal­tenden Oster-Freude, Aufer­ste­hung des Lebens mit all seinen Farben!!

Um diese Freude zu erleben war es drin­gend nötig, uns ener­gisch wach zu rütteln.

Aber — ich staune noch etwas schlaftrunk­en und durchgeschüt­telt von den Mass­nah­men des Bun­desrates – es ist immer noch ein „Leben im Wohl-fühl-Ghetto“.

Diese Tat­sache stimmt mich dankbar, demütig und zuver­sichtlich, denn „Gott sitzt im Reg­i­mente und führet alles wohl“ (aus dem Lied ‘Befiehl du deine Wege’ von Paul Ger­hard, EMK-Gesang­buch 371, 7). Weisch wie schöön!!

Darum – erfüllt von vie­len kleinen und grossen Freuden – Lebens­freuden, grüsse ich her­zlich und wün­sche uns als Gemeinde Jesu Christi ein geseg-netes, zuver­sichtlich­es Unter­wegs­sein auf Ostern hin

Max Huber (max.huber@emk-schweiz.ch)

5 Gedanken zu „GASTBEITRAG: Corona — Leben im Wohlfühl-Ghetto“

  1. Her­zlichen Dank, Max! Ich wün­sche mir, dass SEHR VIELEN Men­schen bewusst wird, dass ein radikaler Wan­del nötig ist. Ob die Men­schen bere­it sind zu verzicht­en, auch wenn sie nicht mehr müssen? Ich hoffe, dass es uns nach dieser Krise nicht so geht wie mir jew­eils nach ein­er Fas­ten­woche, wo ich meist schnell wieder im alten Trott war, obwohl ich mir anderes vorgenom­men hatte.

  2. Ja, dass hoffe ich auch: Dass uns diese Krise zur Besin­nung führt und wir die Chance pack­en, wieder ein­mal zu sortieren und zu kor­rigieren, was im Leben und bei unseren Werten durcheinan­der ger­at­en ist.

  3. Liebe Bar­bara
    Gott ist noch nicht fer­tig mit uns! So hat er es für nötig emp­fun­den, die ein­dringlichen Worte der kleinen Gre­ta plöt­zlich zu füllen mit apoka­lyp­tis­chen Bildern wie schwere Atem­not und weltweit vie­len Toten.
    Wir wer­den uns damit abfind­en müssen, dass die Atem-Luft noch dün­ner wird. So wird uns die „Sparflam­men-Zeit“ sich­er über den 19. April verordnet.
    Wegen unser­er unmöglichen Schw­er­hörigkeit wer­den wir in der „Schul­bank Gottes“ noch lange nach­sitzen müssen, bis wir die unbe­liebte Lek­tion „Weniger ist Mehr“ endlich ver­ste­hen und sie an unserem Ort umsetzen.
    Gott ist aber noch nicht fer­tig mit uns, uns jet­zt Zeichen der Hoff­nung zu schenken, wie damals den Regen­bo­gen, der an seinen ewigen Bund erin­nert (1. Mose 9, 11 – 13).
    Zeichen, dass sich unsere anver­traute Erde mit ihren Far­ben und For­men über­raschend von ihrer schw­eren Atem­not erholen kann, wenn wir behut­samer mit ihr umge­hen. Siehst du das kristal­lk­lare Wass­er in den Kanälen der Geis­ter­stadt von Venedig? Vor kurz­er Zeit war es noch stark getrübt. Das lässt mich hoffen!
    Ich wün­sche und bete darum, dass wir in der „Schul­bank Gottes“ unsere unmögliche Schw­er­hörigkeit Schritt für Schritt able­gen dür­fen. Als Aha-Erleb­nis wer­den wir unser wun­der­schönes Land als Heimat wieder neu ent­deck­en, es nicht nur selb­st­süchtig bebauen, son­dern gemäss unserem Schöp­fungs-Auf­trag auch bewahren. Zu sein­er Ehre und zu unser­er Freude und Ermutigung!
    Max

    1. Lieber Max,
      Ganz her­zlichen Dank für deine Predigt!! Sie hil­ft mir sehr! Heute mor­gen hat mir eine gläu­bige Christin tele­foniert! Sil­via, das ist jet­zt das Gericht Gottes, die Strafe Gottes für uns! Ich kon­nte ihr sagen, dass es für nicht nicht so ist. Wie du bin auch ich der Mei­n­ung, dass Gott noch nicht fer­tig ist mit uns! Ich erlebe es nicht als Strafe, son­dern als Chance von Gott umzu­denken, anders zu leben auch im Blick auf unsere Mit­men­schen. Ich wieder­hole es immer wieder, Sol­i­dar­ität, Näch­sten­liebe, Kreativ­ität, Phan­tasie, Hil­fs­bere­itschaft, Gebet, sind nicht abge­sagt, im Gegen­teil, nötig wie nie! Danke für deine tollen Inputs!
      Sil­via Meyer

      1. Liebe Sil­via
        Gäll, mit den ganz From­men und ihrer „allum­fassenden, verbindlichen Glaubens-Weisheit“ ist es oft schwierig. Aber du hast gut reagiert.
        Wenn Gott uns als Gefan­gene der Kon­sumge­sellschaft neu ori­en­tieren will, dann hat er dies jet­zt über­raschend zur Chef-Sache erk­lärt. Andere Bemühun­gen haben nicht gefruchtet.
        Es ist nicht seine Absicht, uns damit zu strafen, auch wenn manche die ein­schnei­den­den und harten Mass­na­men des Bun­desrates als Strafe empfinden.
        Er will uns mit seinem drastis­chen Ein­greifen aber liebevoll hell­hörig machen, unsere ICH bezo­gene Gier nach Geld und Macht zu über­denken und uns die abhan­den gekommene Lebens­freude wieder neu schenken.
        Er will uns damit zur Besin­nung rufen, denn wer im „Wohlfühl-Aus­nah­mezu­s­tand“ nur noch in die Posaune der Trüb­sal bläst, hat kein Ohr mehr für die Zauber­flöte der Freude, die uns ver­heis­sen ist!
        Noch haben wir, als Lei­h­gabe Gottes, ein Guthaben an Zeit, um unsere einzi­gar­tige Erde von ihrer schw­eren Atem­not zu befreien.
        Darum meine Bitte: „Lieber Gott, lass es ein Umdenken und Ein­sicht reg­nen und nimm all denen, die es nötig haben, den Schirm weg!“
        Max Huber

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