Bibeltexte: 2. Mose 20,16; Johannes 14,6
Mit diesem Plakat warb das Stapferhaus Lenzburg für seine Ausstellung rund um die Wahrheit 2018/2019. Ich habe sie mir damals mit Freunden gründlich angesehen und bin jetzt ganz dankbar dafür. Die Erinnerung an allerlei Aha-Erlebnisse damals hilft mir, mich heute in der News-Flut zu orientieren. In der Aufregung rund um Corona ist es ja noch schwieriger ist als sonst herauszufinden, was stimmt und was nicht?
Was ist wahr? Wie kann man Fake-News von echten Informationen unter-scheiden?
- Wahr ist, dass zur Zeit niemand genau weiss, wie sich die Corona-Pandemie entwickeln wird, wie lange der Ausnahmezustand anhalten wird oder welche Folgen wirtschaftlich, ökologisch, gesellschaftlich langfristig bleiben. Wer immer behauptet, mehr zu wissen, ist wenig glaub-würdig.
- Wahr sind weder aus Angst geborene Weltuntergangs-Szenarien noch leichtfertige Beruhigungspillen à la ‘alles wird gut’. Wahr scheint mir hingegen, dass auf allen Ebenen sehr viele Menschen sich kreativ und engagiert mit der Lösung von kleinen und grossen Herausforderungen beschäftigen. Das gibt mir zusammen mit meinem Gottvertrauen viel Hoffnung, dass die Krise zu überwinden ist.
- Wer die Wahrheit wissen will, für den gilt: Weniger ist mehr. Man muss nicht jede Schlagzeile und jede Newsticker-Meldung mitkriegen. Sich auf einige ausgewählte Nachrichten-Quellen beschränken führt weiter. Dabei macht es natürlich viel Sinn, die Glaubwürdigkeit bzw. die Qualität dieser Quellen zu überprüfen. — Weniger ist mehr heisst übrigens auch: Sich nicht den ganzen Tag nur mit dem Thema Corona befassen, sondern sich gerade in dieser Hinsicht Fastenzeiten verordnen. Das beruhigt die Ner-ven. Und ruhige Nerven sind eine wichtige Voraussetzung, sich der Wahrheit zu nähern.
- Schliesslich: Gründlich und kritisch lesen. Und Nachdenken. — Vielen Fake-News kommt man ganz alleine auf die Schliche, wenn man nur ein wenig nachdenkt.- Z.B. kursierte in den SocialMedia der Rat, man solle gegen eine Corona-Infektion viel heisses Wasser oder heissen Tee trin-ken, weil das Virus angeblich bei einer Temperatur von über 27 Grad absterbe. Aber man weiss doch, dass die normale Körpertemperatur eines Menschen zwischen 36 und 37 Grad liegt. Würde die Information also stimmen, könnte sich ein Mensch gar nicht infizieren, weil es dem Virus im menschlichen Körper zu warm wäre. — ODER: Vor einigen Tagen veröffentlichte die NZZ ein Interview mit der obersten Schulleiterin des Kantons Zürich. Der Titel unterstrich die Aussage, dass viele Schüler und Schülerinnen nach der Corona-Krise ein Schuljahr wiederholen müssten. Diese Befürchtung hatte sie im Interview tatsächlich gemacht. Aber beim Nachlesen schien es mir nicht ihre Hauptaussage zu sein, sondern eher etwas, was die Journalistin durch ihr Nachhaken provoziert hatte. Je-denfalls: Aus dem Interview zu folgern, die ganzen Anstrengungen be-treffend Schule zu Hause seien von vornherein für die Katz, führt kaum näher zur Wahrheit, sondern nährt eher eine Panik, die bei der Bewälti-gung der Krise nicht hilfreich sein kann.
Soviel für heute zum praktischen Umgang mit der Wahrheit. Und was sagt die Bibel zum Thema? — Ein paar kurze Gedankenanstösse zu 2. Mose 20,16 und Johannes 14,6:
In den Zehn Geboten geht es um die Wahrheit: “Du sollst nicht als falscher Zeuge aussagen.” Weil Unwahres Schaden anrichtet. Es ist mehr als ein Schönheitsfehler, wenn zu Lasten eines Mitmenschen gelogen wird. Ganz egal, ob es absichtlich geschieht oder aus mangelnder Sorgfalt: Lügen ist schlimm, ist böse. Denn es gibt immer Menschen, die darunter leiden, dass andere Unwahres über sie sagen.
Dagegen steht das Wort Jesu: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ – Jesus ist die Wahrheit: Leider wird dieser Satz gern in griechisch-helle-nistischem Sinn falsch gedeutet als: ‚Jesus hat recht‘ oder ‚Der Glaube an Jesus ist richtig‘. Doch das Wort Wahrheit ist hier im hebräisch-semitischen Sinn zu verstehen, denn es wurzelt in der Sprache des alten Testaments. Und dort heisst Wahrheit: einander wahrhaftig begegnen; dem anderen geben, was im Moment angemessen ist; wahrhaftig miteinander umgehen. Da geht es nicht um richtig oder falsch, sondern um Treue zu einander. Jesus ist nicht richtig, sondern wahrhaftig. Das bedeutet: für Glaubende ist Jesus Christus absolut zuverlässig. Wir können uns darauf verlassen, dass er uns unterstützt und uns zeigt, was nötig ist. Das kann auch heissen, dass uns der Glaube mit unseren eigenen Lügen konfrontiert. Wahrhaftig sein be-deutet, dass Jesus Christus auch unsere Unwahrheiten aufdeckt. Schwieri-ge Dinge auszusprechen, ist ja auch eine Form von Treue. Da hebt sich Jesus deutlich ab vom Lügen in unserer Zeit. Er redet nichts schön und wird niemanden hintergehen. Er bleibt wahr. Und vertrauenswürdig. Bei ihm bin ich sicher, weil ich ihm vertrauen kann.
Gebete können angesichts solcher Wahrhaftigkeit anstrengend werden. Denn meine Worte begegnen da Gottes Wahrheit. Das kann eine neue Klar-heit schaffen … und mich in Frage stellen. Christus braucht mir nicht Recht zu geben, nur weil mir eine andere Wahrheit besser gefällt. Dafür ist Verlass auf ihn – und das zählt.
Jesus Christus ist die Wahrheit. Weil er zur Welt wahrhaftig ist. Das ist na-türlich noch keine Lösung, wenn in unserer Zeit falsche Meldungen die Menschen in Angst und Schrecken versetzen. Nur, weil wir der Wahrheit Gottes vertrauen, werden Fake-News nicht richtiger. Aber es gibt mir Orientierung. Es ist gut, wenn mich fragwürdige Berichte ins Gebet führen und in die Suche nach Wahrheit. Das kann von dieser unsäglichen Lust bewahren, Lügen weiter zu verbreiten. — Oft verstehe ich die Welt um mich herum nicht mehr mit all ihren wirren Nachrichten. Dann kann ich mich auf die Wahrhaftigkeit des Christus verlassen. Er bleibt mir ein Ort der Gebor-genheit. Bei ihm gewinne ich die nötige Distanz, um über all das nachzu-denken: über Behauptungen, Nachrichten, meine Angst und Sorge über un-sere Zeit. In seiner Wahrheit geborgen finde ich einen Stand-Punkt. Um mit mehr Gelassenheit zu leben, Lügen nicht aufzusitzen oder sie weiter zu ver-breiten, sondern der Wahrheitsfindung zu dienen. Nicht nur Lügen sind an-steckend. Das gilt auch für Christi Wahrhaftigkeit. Lassen wir uns davon prägen!