Bibeltext: 1.Petrus 1,3
„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner grossen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“ – Ein Ungetüm von einem Satz am Anfang des 1. Petrusbriefes. Mich fasziniert daran immer wieder das Stichwort ‘lebendige Hoffnung’. — Wie steht es um unsere Hoffnung?
Eine Schriftstellerin aus Nicaragua schrieb vor vielen Jahren (also lange vor ‘Corona’), sie habe nirgends so viel Hoffnungslosigkeit vorgefunden wie in Mitteleuropa – Hoffnungslosigkeit vor allem im Blick auf eine gerechtere und friedlichere Welt. Und sie ergänzt: Diese Art von Luxus könne sich in Nicaragua niemand leisten. (vgl. D. Sölle, Gott im Müll, S. 162)
Ist wohl tatsächlich auch Hoffnungslosigkeit ein Teil des Luxus, des Überflusses, den wir in der Schweiz leben? Man muss es sich ja erst einmal leisten können, nichts Besseres zu erhoffen als das, was man schon hat (bzw. in der Corona-Zeit den Verlust durch die Krise zu beklagen statt dankbar wahrzunehmen, wie gut wir eigentlich zur Bewältigung dieser Krise aufgestellt sind). Aber eben: Wer viel hat, hat auch viel zu verlieren. Darum neigen wir in guten Zeiten dazu, über die ungerechte Welt zu klagen und jammern in der Krise über die grossen Verluste. Vielleicht geht es uns wirklich allzu gut, dass sich immer wieder solches Klagen und Jammern in den Vordergrund drängt. Beschränkt sich unsere Hoffnung tatsächlich darauf, es möge doch wenigstens alles so bleiben, wie es ist? Bzw. ist dann alles wieder gut, wenn der Wirtschaftsmotor wieder läuft. Hauptsache es kommen trotz abschmelzender Gletscher genug Touristen ins Land. — Sollte unsere Hoffnung sich auf Besitzstandswahrung beschränken, dann träfe Jesu Weheruf im Lk-Ev voll ins Schwarze: „Wehe euch, ihr Reichen — ihr habt euren Trost schon empfangen.“ (Lk 6,24). Dann bliebe nichts mehr zu hoffen.
Aber wir haben mehr zu hoffen! Der 1. Pt spricht von einer lebendigen Hoffnung, die in der Auferstehung Christi wurzelt. Dabei geht es um mehr als die persönliche Hoffnung, dass es mit mir nach dem Tod noch weitergeht. Es wäre egoistisch, nur für sich selbst zu hoffen. Der Bibel geht es um Hoffnung für die ganze Welt, für alle ihre Geschöpfe. Es geht um Gerechtigkeit für alle, um Wiedergutmachung für Betrogene und Unterdrückte, um Heilung für die, die nach mehr Leben dürsten, um Leben für die Kinder mit geringer Lebenserwartung, um Befreiung für die Gefangenen, um Gemeinschaft für die Ausgestossenen. Es geht um Hoffnung, die lebendig ist. Das heisst: Diese Hoffnung soll uns lebendig machen und in Bewegung bringen. Sie soll verhindern, dass wir uns abfinden mit der Welt, so wie sie heute ist. Die Hoffnung auf die Auferstehung, die alles überwindet, was das Leben einengt und bremst, fordert uns heraus zum Engagement. Wir sollen uns einsetzen für mehr Gerechtigkeit, für Menschen, die zu kurz gekommen sind. Die Botschaft von der Auferstehung Jesu Christi ist der Grund für die Hoffnung, dass Gott die ganze Welt neu machen wird. Dafür sollen wir uns engagieren im Namen Gottes. – Also: Es geht nicht nur um den Zuspruch, dass es für uns persönlich Hoffnung gibt. Sondern es geht auch um den Auftrag, uns für mehr Hoffnung auf dieser Welt zu engagieren. „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner grossen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten.“
(Dieser Beitrag basiert auf einem ‘Wort zum Tag’, das am 19. August 2017 bei ERF Plus über den Sender ging.)