von Pfr. Robert Seitz; aus seinem Buch: ‘offene Fenster’, S. 27f
Wahre Würde hat wenig zu tun
mit glänzenden Orden auf einer Brust.
Diese erinnern eher an unwürdige Kriege.
Sie hat nicht viel zu tun mit dezenten Kleidern,
mit dunkelblauen Kostüms
oder Nadelstreifen und Krawatten.
Auch der zerlumpte Bettler in Paris
in seinen ausgefransten Klamotten,
das schmutzige Kind auf dem Abfallhaufen in Rio,
der Aussätzige in Somalia -
sie alle haben ihre Würde.
Würde hat wenig zu tun
mit einem feierlichen, aufrechten Gang,
mit Schönheit und Glamour
und mit tosendem Applaus
oder einer Wahl zur Miss oder zum Mister.
Auch der Gelähmte im Rollstuhl
und der vom Leben Gebeugte hat seine Würde.
Würde hat auch wenig zu tun mit liturgischen Handlungen,
mit gemessenen Schritten in heiligen Räumen,
mit kirchlichen Gewändern,
unter denen das Gewöhnliche lauert,
mit religiösen Worten in schönen Sätzen.
Gerade so kam Jesus nicht daher.
Er beugte sich zum Blinden hinab,
er rief Namenlose beim Namen,
für eine Abgeschriebene schrieb er in den Sand.
Er verlor bei den Angesehenen seiner Zeit
sein Gesicht, um Menschen ein Antlitz zu geben,
die es unter den Gerechten
längst verloren hatten.
Wirkliche Würde
hat mit Liebe und Wertschätzung zu tun,
mit der Ahnung:
sie wird nicht von Menschen verliehen.
Exemplarische Bibeltexte, die zeigen, wie Jesus Menschen Würde gab: Johannes 8,1–11; Markus 2,13–17; Markus 10,13–16; Markus 10,46–52; Lukas 7,36–50; Lukas 19,1–10; Lukas 21,1–4