Bibeltext: Apostelgeschichte 2,1–13
Der im Januar 2005 in Appenzell verstorbene israelischen Humorist Ephraim Kishon schrieb einmal: “Schreiber dieser Zeilen darf in aller Bescheidenheit darauf hinweisen, dass er im Leben einiges geleistet hat. Er hat eine Reihe erfolgreicher Bücher, Filme und Theaterstücke verfasst, hat Preise und Auszeichnungen eingeheimst, hat einige Mal geheiratet und ist im Besitz eines persönlichen Handschreibens von Golda Meir . Doch nichts von alledem hat ihm auch nur einen Bruchteil jener ekstatischen Beseligung vermittelt, die eintritt, wenn ein Ball im Tor des Gegners landet.”(zitiert nach: ‘Ephraim Kishon für Kenner – ABC der Heiterkeit, hrsg. 1980 vom Ullstein Verlag Frankfurt /M, S.78).
Wir leben in einer fussballverrückten Zeit. Sehr viele sind Feuer und Flamme für alles, was mit dem Kampf um das runde Leder zu tun hat. Es ist unglaublich, welche Begeisterung das Spiel um einen einzigen Ball auslösen kann! Sogar Experten tun sich schwer damit, die Anziehungskraft des Fussballs zu erklären. Der ehemalige Nationaltrainer Köbi Kuhn mutmasste einmal, es könnte an der Einfachheit und Natürlichkeit des Spiels liegen. Im Originalton: “Die meisten Kleinkinder laufen voller Freude hinter einem Ball her, sobald sie rennen können. Ausserdem braucht der Fussball keine langwierigen Erklärungen. Einfach ausgedrückt sind es 22 Spieler auf dem Feld und ein frei rollender Ball, der ins Tor befördert werden soll.”
Man kann es auch ganz einfach sagen: Was ein echter Fussballer ist, wird ohne Ball nicht recht glücklich. Daran kann keine Familientradition etwas ändern. Auch eine Hochzeit in der Familie lässt – wie im Filmausschnitt gesehen – den echten Fan seine Leidenschaft nicht vergessen.. Er muss einfach tschüttele. Und wenn gerade kein Ball zur Verfügung steht, dann muss halt Zeitungspapier oder Gemüse herhalten. Das ist wie bei uns zu Hause. Keine Regel oder sonstige Erziehungsmassnahme ändert etwas daran. Es gab eine Zeit, in der in den Augen unseres Sohnes alles wie ein Fussball aussah und auch entsprechend behandelt wurde. Man kann ja auch mit leeren Plastikflaschen Tore schiessen oder mit Kleidungsstücken jonglieren – in der Wohnung selbstverständlich.
Was aber hat nun die Fussballbegeisterung mit dem christlichen Glauben zu tun? In der Bibel kommt Fussball ja nicht direkt vor, auch wenn ein Witz das Gegenteil behauptet. Vielleicht kennen Sie ihn! Frage: Wer war der erste Torwart? Antwort: Noah (® der Erbauer der Arche), denn Gott sagte zu ihm: ‘Geh in den Kasten, ich will stürmen!’ – Ernsthaftere direkte Bezüge zum Fussball finde ich in der Bibel nicht. Aber ich entdecke den Fussball als Fundgrube für Bilder und Vergleiche, mit denen sich etwas über den Glauben aussagen lässt.
Da kommt mir zunächst etwas in den Sinn, was ich in einem Buch von Adrian Plass mal gelesen habe: Ein Christ beschäftigt sich mit dem Leben nach dem Tod, mit dem Himmel. Er möchte wissen, wie es dort sein wird. In der Bibel findet er nur Aussagen über ewige Anbetung Gottes und unaufhörliche Lobgesänge. Da er selbst nicht so musikalisch ist, beginnt ihn das zu quälen und er fragt sich, wie er sich so überhaupt auf den Himmel freuen könne. Mit diesem Problem geht er zu einem Seelsorger, der schnell herausfindet, dass er sich viel eher für Fussball begeistern kann als für Kirchenlieder. Und daraufhin tröstet der Seelsorger ihn mit der Aussage: “Dann muss Gott bei Ihnen dafür sorgen, dass der Himmel wenigstens so aufregend und anregend und befriedigend ist wie das Endspiel der Fussball-WM!” (Adrian Plass, Tagebuch eines frommen Chaoten, S.69).
Christen sind vom Glauben, von der Beziehung zu Christus schlicht begeistert sind. Wir sind überzeugt und erleben: Mit Gott zu leben, dass ist so befriedigend wie das entscheidende Tor in der letzten Minute und so spannend wie ein Fussballspiel. Und auch wie beim Fussball gilt für den Glauben: Jeder und jede kann mitmachen. Man muss nicht zuerst lange Regeln studieren und Techniken erlernen. Man braucht keine besondere Ausbildung, muss kein Jahrhunderttalent oder Vollprofi sein. Aber man muss mal mitgespielt haben. Als blosser Zuschauer kommt man der Faszination des Fussballs nicht auf die Schliche. Und genauso ist es beim Glauben. Man muss sich darauf einlassen, muss es selbst ausprobieren, sonst bleibt der Zugang zur Begeisterung eines Leben mit Gott verschlossen.
Noch auf einer anderen Ebene hilft mir der Fussball, den Glauben an Gott besser zu verstehen. Und das hängt mit Pfingsten zusammen. Die Geschichte hinter Pfingsten ist die Folgende – ich erzähle mit eigenen Worten, was im 2.Kapitel der Apostelgeschichte nachzulesen ist: Nachdem Jesus auferstanden war, begegnete er seinen Jüngern eine Weile lang immer wieder. Schliesslich jedoch, an Himmelfahrt, verabschiedete er sich von ihnen und gab ihnen den Auftrag, sein Werk fortzusetzen. Nun sollten sie den Menschen von Gottes Liebe erzählen, vom begeisternden und sinnerfüllten Leben an Gottes Seite. Doch vorläufig getrauten sie sich nicht. Zu wenig fühlten sie sich der Aufgabe gewachsen. Und zu sehr fürchteten sie die Wut der mächtigen Leute, die schon Jesus ans Kreuz geliefert hatten. Ihre Begeisterung für Jesu Botschaft war kleiner als der Respekt vor den Reaktionen, die sie auslösen könnte. Doch das änderte sich an Pfingsten. Die Bibel erzählt, es sei wie ein Feuersturm gewesen, der die Jünger erfasst habe. Und von da an waren sie ‘Feuer und Flamme’ für Christus bzw. für den Glauben. Plötzlich war die Begeisterung nicht mehr zu dämpfen. Und sie begannen, von Gott und von seiner Liebe zu erzählen und die Menschen einzuladen, sich darauf einzulassen. Es heisst, dass gleich am ersten Tag 3’000 Leute zur christlichen Gemeinde gestossen seien.
Vor Pfingsten fehlte Jesu Jüngern der Geist. Man sagt ja, dass eine Fussballmannschaft einen starken Teamgeist brauche, wenn sie Erfolg haben wolle. Es braucht die gemeinsame Überzeugung, das Ziel (d.h. den Sieg) zu erreichen – und wenn er hart errungen werden muss. Und es braucht die Bereitschaft jedes einzelnen, sich voll für den anderen einzusetzen. Der ehemalige Nati-Trainer Köbi Kuhn glaubte, mit seiner Mannschaft die Qualifikation für die WM nur geschafft zu haben, weil die Spieler untereinander gegenseitige Achtung und Respekt sowie eine Portion Demut gelebt haben. Gegen grosse Mannschaften hätten die Schweizer nämlich nur eine Chance, wenn persönliche Befindlichkeiten dem Teamgedanken untergeordnet würden. Einer für alle – alle füreinander. Auf diesen Nenner bringt er den Teamgeist, ohne den keine Mannschaft Erfolg haben kann. Und des Trainers Aufgabe ist es, diesen Teamgeist zu pflegen.
Ich glaube, an Pfingsten ist mit den Jüngern Jesu etwas ganz Ähnliches passiert. Ihr Trainer – Gott – hat sie mit diesem Geist gefüllt. Vorher waren sie wie eine Fussballmannschaft, die gar nicht recht an ihre Möglichkeiten glaubt, ohne Trainer auf dem Platz ihre Orientierung verliert – und prompt eine Kanter-Niederlage riskiert. Doch an Pfingsten sorgte Gott für die Veränderung. Er flösste den Jüngern das Vertrauen ein, dass sie der Aufgabe gewachsen seien, dass sie tatsächlich Jesu Werk fortsetzen könnten. Das gab ihnen den Mut, überhaupt anzufangen. Und mit jedem Wort, das sie redeten, wuchs die Begeisterung und schliesslich brachte schon der erste Tag viel mehr als sie sich hätten träumen lassen. Und von da an sagten sie, wann immer sie jemand zum Schweigen bringen wollte: ‘Wir können gar nicht anders. Wir können’s gar nicht lassen, von diesem Jesus zu erzählen!’ (vgl. z.B. Apg 4,20). Das ist dann so ähnlich wie ein Fussballer einen Ball einfach nicht liegen lassen kann.
Abschliessend ist mir noch wichtig: Diese Begeisterung für den Glauben kann man nicht machen. Sie muss von aussen kommen. Gott muss sie schenken. Andererseits: Wer sich darauf einlässt, dem wird sie geschenkt. Und dieses Geschenk anzunehmen, das lohnt sich wirklich.