Input im Bezirkswochenende der EMK Adliswil-Zürich 2 am Sonntag, 22.05.2022
Liebe Gemeinde,
vergangenen Sonntag bin ich mit vielen FCSG-Fans Zug gefahren. Es war ja der Cupfinal. Der ganze Zug war von grün-weiss bestimmt. Am Morgen waren die Leute voller Vorfreude. Die Atmosphäre knisterte, auf eine durchaus angenehme Weise. Am Abend war es dann ziemlich still. Der FCSG ist ja gegen den FC Lugano ziemlich untergegangen. Die Stimmung war aber auch da friedlich.
Was haben Fussball-Fans mit unserem Glauben zu tun? Kann man von ihnen etwas lernen im Blick auf ‘Feuer und Flamme’ sein? – Nun ja, Fussball-Fans (ich rede jetzt nicht von den ‘Ultras’) sind sehr begeisterungsfähig. Sie sind Feuer und Flamme für ihren Verein. Und sie bleiben ihm treu, auch in schwierigen Zeiten. – Eigenschaften, die Christen im Verhältnis zu ihrem Glauben genauso gut anstehen. Darüber hinaus bietet der Fussball allerlei Vergleiche für unser Glaubensfeuer.
In einem Buch des englischen Schriftstellers Adrian Plass ist Folgendes zu lesen: Ein Christ beschäftigt sich mit dem Leben nach dem Tod, mit dem Himmel. Er möchte wissen, wie es dort sein wird. In der Bibel findet er lauter Aussagen über ewige Anbetung Gottes und unaufhörliche Lobgesänge. Selbst nicht gerade musikalisch belastet ihn diese Vorstellung. Er fragt sich, worauf er sich denn im Himmel freuen könne. Sein Seelsorger begreift schnell, dass er sich viel mehr für Fussball begeis-tern kann als für Kirchenlieder. Und tröstet ihn so: “Dann muss Gott bei Ihnen dafür sorgen, dass der Himmel wenigstens so aufregend und anregend und befriedigend ist wie das Endspiel der Fussball-WM!”
Ja, das kann man übertragen: Zu glauben, mit Gott zu leben, das ist so befriedigend wie das entscheidende Tor in der letzten Minute und so spannend wie ein Fussballspiel. Und es gilt auch für den Glauben: Jeder und jede kann mitmachen. Man muss nicht zuerst lange Regeln studieren und Techniken erlernen. Man braucht keine besondere Ausbildung, muss kein Jahrhunderttalent oder Vollprofi sein. Aber man muss mitspielen. Als blosser Zuschauer kommt man der Faszination des Fussballs nicht auf die Schliche. Genauso beim Glauben. Man muss sich darauf einlassen, muss es selbst ausprobieren, sonst bleibt der Zugang zur Begeisterung eines Leben mit Gott verschlossen.
Wir haben eben die Pfingstgeschichte gehört: Nach Himmelfahrt waren die JüngerInnen ein Team, dem Feuer und Flamme fehlten. Sie hatten zwar den Auftrag, weiterzuführen, was Jesus angefangen hatte. Doch sie wussten nicht wie. Sie getrauten sich nicht, von Jesus zu reden. Sie fühlten sich der Aufgabe nicht gewachsen. Und sie fürchteten die Wut der mächtigen Leute, die schon Jesus ans Kreuz geliefert hatten. Ihre Begeisterung für Jesu Botschaft war kleiner als der Respekt vor den Reaktionen, die sie auslösen könnte. Doch das änderte sich an Pfingsten. Es sei wie ein Feuersturm gewesen, der sie erfasste. Von dem Moment an waren sie ‘Feuer und Flamme’. Auf einen Schlag war die Begeisterung da und nicht mehr zu dämpfen. Sofort begannen sie, von Gott und von seiner Liebe zu erzählen. Sie luden die Menschen ein, sich darauf einzulassen. Und es heisst, dass schon am ersten Tag 3’000 Leute zur christlichen Gemeinde hinzugekommen seien.
Vor Pfingsten fehlte Jesu Jüngern der Geist. Eine Fussballmannschaft braucht einen starken Teamgeist, wenn sie Erfolg haben wolle. Es braucht die gemeinsame Überzeugung, das Ziel zu erreichen. Und es braucht die Bereitschaft jedes einzelnen, sich voll für den anderen einzusetzen. So erklärte der frühere Nati-Trainer Köbi Kuhn einmal: Seine Mannschaft habe die WM-Qualifikation nur geschafft, weil die Spieler einander achten und respektieren würden. Und weil sie gegenseitig eine Portion Demut gelebt hätten. Gegen grosse Mannschaften hätten sie nämlich nur eine Chance, wenn persönliche Befindlichkeiten dem Teamgedanken untergeordnet würden. EINER FÜR ALLE — ALLE FÜREINANDER. Auf diesen Nenner brachte Köbi Kuhn den Teamgeist, ohne den keine Mannschaft Erfolg haben kann. Und des
Trainers Aufgabe sei es, diesen Spirit zu pflegen.
Ich glaube, an Pfingsten wurde den JüngerInnen Jesu dieser Spirit/Teamgeist geschenkt. Ihr Trainer — Gott — hat sie mit Begeisterung erfüllt. Vorher waren sie wie eine Fussballmannschaft, die gar nicht recht an ihre Möglichkeiten glaubt, ohne Trai ner auf dem Platz ihre Orientierung verliert — und prompt eine Niederlage riskiert. Doch an Pfingsten sorgte Gott für die Veränderung. Er flösste den Jüngern dasVertrauen ein, dass sie der Aufgabe gewachsen seien. Nun trauten sie sich zu, weiterzumachen, womit Jesus angefangen hatte. So fanden sie den Mut, ‘aufs Spielfelc zu gehen. Mit jedem Wort, das sie sagten, wuchs die Begeisterung. Schon der erste Tag liess sie unmöglich Geglaubtes erleben. Und fortan an sagten sie, wann immer sie jemand zum Schweigen bringen wollte: ‘Wir können gar nicht anders. Wir können’s gar nicht lassen, von diesem Jesus zu erzählen!’ (vgl. Z.B. Apg 4,20). Das ist dann so ähnlich wie ein Fussballer, der einen Ball einfach nicht liegen lassen kann.
Wichtig bleibt: Diese Begeisterung für den Glauben kann man nicht selbst machen. ‘Feuer und Flamme’ kommen von Gott. Sein Geist begeistert uns. Er will uns beschenken. — Nehmen wir das Geschenk an? Immer wieder? Oder haben wir Angst, uns zu verbrennen? Ich hoffe nicht. Denn: Dieses Geschenk anzunehmen, das lohnt sich. Und wie! Amen