Predigt am 01.01.2023 in der EMK Adliswil
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Liebe Gemeinde,
Hoffnungen, Träume, Befürchtungen, Ängste … was gibt den Ton an zu Beginn des neuen Jahres? Ich wünsche mir, dass es Hoffnungen und Träume sind, dass Zuversicht die Stimmung prägt. Damit das so sein kann, brauche ich aber festen Boden unter den Füssen. Und so schliesst sich die Frag an: Was gibt Boden unter die Füsse? Was trägt mein Leben, auch im Jahr 2023? Worauf kann ich mich wirklich verlassen?
Darauf gibt es viele, ganz verschiedene Antworten: Manche setzen auf Naturverbundenheit, ernähren sich bewusst gesund und bewegen sich viel. Andere finden: Davon kann man sich aber nichts kaufen. Du brauchst Geld, Erfolg und Macht, um sicher leben zu können. Entsprechend setzen sie ganz auf die Karriere! Haben sie recht? Oder ginge es eher darum, möglichst viel und hemmungslos zu feiern? Mit Jubel und Trubel gegen Sorgen und schlechte Nachrichten anfeiern? Ist das sinnvoll? JA, geht es überhaupt. — Wieder andere konzentrieren sich darauf, so wenig Fehler wie nur irgend möglich zu machen. Aber ob sie glücklich sind dabei? Ist fehlerfrei auch gut? „Alles richtig zu machen, ist langweilig“, sagen manche Leute. Sie suchen das Risiko, tasten ihre Grenzen ab, wollen spannende Abenteuer erleben und viel von der Welt sehen. Andere fliehen vor der Hektik unserer Zeit in die Stille und nehmen sich viel Zeit, über die grossen Fragen und Rätsel des Lebens nachzudenken? Findet man so Antworten, aus denen sich ‚fester Boden‘ bauen lässt?
Was gibt festen Boden unter die Füsse? Auch die Bibel kennt durchaus unterschiedliche Konzepte als Antwort auf diese Frage: Abraham z.B. führte ein unstetes Leben und war immer unterwegs … und wird doch zum ‚Vater des Glaubens‘. Auch der Apostel Paulus lebte ohne festen Wohnsitz, bereiste die ganze damals bekannte Welt und fand doch tragfähigen Boden, im Vertrauen auf den auferstandenen Christus. Andere dagegen hatten einen engen Aktionsradius. Samuel z.B. hat wohl Palästina nie wirklich verlassen. Doch er war für sein Volk ein Leuchtturm in unsicheren Zeiten. Es gab veritable Haudegen, die es ganz schön haben krachen lassen. Der charismatische Richter Simson war so einer. Im Gegensatz zum ihm war Petrus zwar kein Krieger. Doch ein Polterer, der heftig dreinfahren konnte war auch er. Andere lebten dagegen ganz unauffällig. Joseph, Marias Mann war wohl so einer. Andreas, der Bruder des Petrus, scheint ebenfalls eher die leisen Töne gepflegt zu haben….
Würden wir, wenn wir diese Leute aus der Bibel fragen könnten, worauf sie ihr Leben gebaut haben, von allen dieselbe …. oder vielleicht doch ganz unterschiedliche Antworten erhalten? Aus biblischer Sicht verbindet diese – und noch viele andere Lebensentwürfe, dass sie sich – je auf ihre eigene Weise – ganz in den Dienst Gottes und des Glaubens gestellt. Sie haben auf Gott vertraut, sie haben seinem Willen gedient und in seinem Auftrag gelebt. Das war der feste Boden, auf dem sie in ihrem Leben standen.
Jesus hat ja den Leuten beizubringen versucht: “Stabil, standhaft wird euer Leben, wenn Ihr es in Beziehung zu Eurem himmlischen Vater bringt. Schliesslich seid Ihr für die Gemeinschaft mit Gott geschaffen. Ohne Gottvertrauen fehlt Eurem Leben das Fundament. Nur wenn Ihr in Beziehung mit Gott lebt, bringt ihr Eure Füsse im Leben auf den Boden.“
Nun: Wie macht man das konkret? Wie baut man ein festes Fundament für sein Leben? – Jesus hat diese Frage mit der Geschichte beantwortet, die wir vorhin gehört haben. Und damit gemeint: „Das Fundament des Lebens besteht im Vertrauen auf Gott. Darum: Vertraue auf Jesus, dann kannst Du Dein Lebenshaus auf stabilem, sicherem Fundament aufbauen.“ – Nun mag das ja richtig und wichtig sein. Aber sehr konkret ist es noch nicht. Was heisst das denn, sich auf Jesus zu verlassen? Wie sieht das im Leben konkret aus?
Um das zu verstehen, müssen wir die biblischen Zusammenhänge genauer anschauen: Das Gleichnis vom Hausbau schliesst ja die sogenannte Bergpredigt ab. Darauf bezieht sich Jesus, wenn er sagt: „Wer diese Worte hört und tut …!“ Gemeint ist also: Wer nach der Bergpredigt lebt, der vertraut Jesus, der baut sein Lebenshaus auf stabilen, felsigen Untergrund.
Aber was steht denn alles in der Bergpredigt? Ich greife ein paar Stichworte heraus und dann merken wir schnell: Sein Lebenshaus auf Felsen zu bauen ist eine Lebensaufgabe. Wir werden ganz konkret und sehr persönlich jeden Tag neu herausgefordert, wenn wir tatsächlich so leben wollen, wie es Jesus gefällt. – Also, ich nenne einige Stichworte (® Herausforderungen) aus der Bergpredigt:
- Es beginnt mit den Seligpreisungen: Da kommt sofort zum Ausdruck, dass Jesus ganz eigene Prioritäten setzt. Er macht den Hype um die Berühmten, Schönen, Reichen und Mächtigen nicht mit. Ihn beeindrucken andere Leute. Von Armen, die sich helfen lassen oder von Traurigen, die sich trösten lassen, spricht Jesus z.B. Und er anerkennt Leute, die sich nicht auf Geld und Macht verlassen, die auf die Bedürfnisse ihre Mitmenschen Rücksicht nehmen, die barmherzig und freigebig sind oder die Frieden stiften können. Solche Menschen sind glücklich zu nennen, weil sie das Gute, das Gott in ihr Leben geschenkt hat, vermehren und weitergeben können. Sie vertrauen nur Gott. Darum spricht Jesus gerade solche Menschen selig.
- Dann geht es um Gerechtigkeit: Wer sich auf Gott verlässt, muss sich um mehr Gerechtigkeit bemühen, sagt Jesus. Konkret redet er einerseits von der Ehe. Wer sich auf ihn verlässt, bricht nicht in andere Beziehungen ein und meidet Situationen, in denen er schwach werden könnte. Andererseits geht es vor allem um Gewaltlosigkeit. Das fängt schon beim Verzicht auf Beschimpfungen und Beleidigungen an. Es geht weiter damit, dass man Unrecht einstecken und auf Rache verzichten soll: Wer eine Ohrfeige kassiere, solle nicht zurückschlagen, sondern die andere Backe auch noch hinhalten, sagt Jesus. Und schliesslich gipfelt das Ganze in der Forderung: Ihr sollt niemanden hassen. Selbst Eure ärgsten Feinde sollt ihr vielmehr lieben. — Aus dem Vertrauen aus Gott heraus geht das. Und wenn ihr es tut, dann baut ihr so Euer Lebenshaus auf Felsen.
- In einer anderen Passage der Bergpredigt sind die ‚Frommen’ angesprochen, jene, die schon immer das Beste aus ihrem Leben machen wollten. Es ist gut, sagt Jesus, wenn ihr Geld spendet, wenn ihr betet und wenn ihr fastet. Aber macht bitte keinen Wettbewerb daraus! Es geht nicht darum, wer am meisten verschenkt, wer die längsten oder ergreifendsten Gebete spricht oder wer am enthaltsamsten lebt. Es geht bei dem allem, beim Beten genauso wie beim Fasten und beim Schenken erst recht, darum, loszulassen, Freiraum zu gewinnen und der Beziehung, dem Vertrauen zu Gott immer mehr Platz im eigenen Leben zu geben. Es geht darum, dass Gott Dir immer näher kommen kann … aber es spielt überhaupt keine Rolle, wer darin besser oder schon weiter ist.
- Dann geht es direkt um das Vertrauen auf Gott: Jesus sagt, dass wir uns keinerlei Sorgen zu machen brauchen, dass wir die Angst, wir könnten zu kurz kommen, hinter uns lassen können. Gott sorgt für uns. Er wird uns alles geben, was nötig ist, er wird das Beste aus unserem Leben werden lassen, wenn wir nur auf ihn vertrauen, nach seinem Willen fragen und sein Reich mitaufbauen helfen. Denn das ist das Wichtigste: Dass das Reich Gottes wächst und dass immer mehr Menschen anfangen, das Bestmögliche in ihrem Leben zu suchen, das nur mit Gottes Hilfe realisiert werden kann.
- Dass wir unsere Mitmenschen nicht verurteilen sollen, sondern ihnen besser vergeben, steht ebenfalls in der Bergpredigt. Genauso der Hinweis, dass jeder zuerst vor seiner eigenen Tür wischen solle, bevor er andere kritisiert. Und dann geht es noch einmal ums Beten: Wer Gott um etwas bittet, der darf ihm so sehr vertrauen, dass er auch mit der Erfüllung seiner Bitte rechnet.
Das war jetzt noch bei weitem nicht alles, sondern nur eine kurze, stichwortige Zusammenfassung von dem, was Jesus in der Bergpredigt sagt. Das alles bezieht sich Jesus, wenn er dann am Schluss sagt: „Wer diese meine Worte hört und tut, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf felsigen Grund baut.“ Oder anders gesagt: Wer nach den Prinzipien der Bergpredigt lebt, dessen Leben steht stabil auf einem unerschütterlichen Felsen. In einem anderen Zusammenhang hat Jesus sogar gesagt: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen!“ (Mt 24,35)
Aber ob man überhaupt nach diesen Worten Jesu leben kann? Gerade in der Bergpredigt stellt Jesus unglaublich hohe Ansprüche. Und wenn manche Leute sagen, es sei allzuviel verlangt, so gut könne ja niemand leben, dann ist das nicht ganz falsch. Wer die Bergpredigt als Gesetz liest, das buchstäblich zu erfüllen sei, wird tatsächlich immer wieder scheitern. Schliesslich: Manchmal haben wir einfach Angst, zu kurz zu kommen. Manchmal wird unser Gottvertrauen durch Zweifel erschüttert. Manchmal können wir einfach keine Liebe empfinden für jemanden, der uns plagt.
Das heisst aber noch lange nicht, dass ein Versuch sich gar nicht lohne. Ich verstehe die Bergpredigt nicht als Massstab, nicht als ein Gesetz, nach dessen Buchstaben wir abgeurteilt werden. Sondern sie ist eine Zielvorgabe, die aufzeigt, wohin wir uns entwickeln können. Und es lohnt sich, in diese Richtung zu gehen, denn je mehr die Bergpredigt verwirklicht ist, umso besser wird das Leben. Ausserdem müssen wir das alles ja auch nicht aus eigener Kraft schaffen. Sondern es ist uns zugesagt, dass wir mit Gottes Hilfe (und mit der Zeit) lernen können, barmherzig, friedliebend, sorglos, gerecht zu sein, ja dass wir dank ihm tatsächlich sogar anfangen können, unsere Feinde zu lieben.
Und damit bin ich auf der anderen Seite. Was wir tun müssten oder sollten, ist das eine. Dass wir Gott sei Dank, fähig werden, es tatsächlich zu leben, ist das andere. Weil Gott uns festen Boden unter die Füsse gibt, können wir das Leben darauf gut und zuversichtlich gestalten. „Ich bin ein Gott, der dich sieht!“ spricht uns die Jahreslosung zu. Das ist überhaupt nicht drohend gemeint, wie das alte Soschu-Lied: ‚Pass auf, kleines Aug, was du siehst …‘ befürchten lassen könnte. Sondern es ist ermutigend gemeint: Du gehst nicht vergessen. Du bist wahrgenommen und geliebt. Auch Dein bestes Wollen wird gesehen und anerkannt, selbst wenn es dann anders herauskommt.
Gott ist auf unserer Seite. Er hat sich in Christus mit uns verbündet, um uns ein gutes und gelungenes Leben zu machen. Mit Worten aus Jer 31 (® Schriftlesung) gesagt: „Der neue Bund …völlig anders: Ich schreibe euch mein Gesetz nicht auf Steintafeln, sondern in Herz und Gewissen. Ich bin Euer Gott ihr seid mein Volk «, sagt der Herr.
Das ist der feste Boden, auf dem wir unser Lebenshaus bauen können: Der Bund, den Gott in Christus mit uns geschlossen hat. Jesus garantiert in der Bergpredigt: „Wer zuerst auf das Reich Gottes aus ist, dem wird alles andere geschenkt werden“. Paulus hat es einmal so formuliert: „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.‘ (1. Korinther 3,1 1) Amen