Auf festem Boden

Matthäus 7,24–27

Predigt am 01.01.2023 in der EMK Adliswil

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Liebe Gemeinde,

Hoff­nun­gen, Träume, Befürch­tun­gen, Äng­ste … was gibt den Ton an zu Beginn des neuen Jahres? Ich wün­sche mir, dass es Hoff­nun­gen und Träume sind, dass Zuver­sicht die Stim­mung prägt. Damit das so sein kann, brauche ich aber fes­ten Boden unter den Füssen. Und so schliesst sich die Frag an: Was gibt Boden unter die Füsse? Was trägt mein Leben, auch im Jahr 2023? Worauf kann ich mich wirk­lich verlassen?

Darauf gibt es viele, ganz ver­schiedene Antworten: Manche set­zen auf Naturver­bun­den­heit, ernähren sich bewusst gesund und bewe­gen sich viel. Andere find­en: Davon kann man sich aber nichts kaufen. Du brauchst Geld, Erfolg und Macht, um sich­er leben zu kön­nen. Entsprechend set­zen sie ganz auf die Kar­riere! Haben sie recht? Oder gin­ge es eher darum, möglichst viel und hem­mungs­los zu feiern? Mit Jubel und Trubel gegen Sor­gen und schlechte Nachricht­en anfeiern? Ist das sin­nvoll? JA, geht es über­haupt. — Wieder andere konzen­tri­eren sich darauf, so wenig Fehler wie nur irgend möglich zu machen. Aber ob sie glück­lich sind dabei? Ist fehler­frei auch gut? „Alles richtig zu machen, ist lang­weilig“, sagen manche Leute. Sie suchen das Risiko, tas­ten ihre Gren­zen ab, wollen span­nende Aben­teuer erleben und viel von der Welt sehen. Andere fliehen vor der Hek­tik unser­er Zeit in die Stille und nehmen sich viel Zeit, über die grossen Fra­gen und Rät­sel des Lebens nachzu­denken? Find­et man so Antworten, aus denen sich ‚fes­ter Boden‘ bauen lässt?

Was gibt fes­ten Boden unter die Füsse? Auch die Bibel ken­nt dur­chaus unter­schiedliche Konzepte als Antwort auf diese Frage: Abra­ham z.B. führte ein unstetes Leben und war immer unter­wegs … und wird doch zum ‚Vater des Glaubens‘. Auch der Apos­tel Paulus lebte ohne fes­ten Wohn­sitz, bereiste die ganze damals bekan­nte Welt und fand doch tragfähi­gen Boden, im Ver­trauen auf den aufer­stande­nen Chris­tus. Andere dage­gen hat­ten einen engen Aktion­sra­dius. Samuel z.B. hat wohl Palästi­na nie wirk­lich ver­lassen. Doch er war für sein Volk ein Leucht­turm in unsicheren Zeit­en. Es gab ver­i­ta­ble Haude­gen, die es ganz schön haben krachen lassen. Der charis­ma­tis­che Richter Sim­son war so ein­er. Im Gegen­satz zum ihm war Petrus zwar kein Krieger. Doch ein Polter­er, der heftig drein­fahren kon­nte war auch er. Andere lebten dage­gen ganz unauf­fäl­lig. Joseph, Marias Mann war wohl so ein­er. Andreas, der Brud­er des Petrus, scheint eben­falls eher die leisen Töne gepflegt zu haben….

Wür­den wir, wenn wir diese Leute aus der Bibel fra­gen kön­nten, worauf sie ihr Leben gebaut haben, von allen dieselbe …. oder vielle­icht doch ganz unter­schiedliche  Antworten erhal­ten? Aus bib­lis­ch­er Sicht verbindet diese – und noch viele andere Lebensen­twürfe, dass sie sich – je auf ihre eigene Weise – ganz in den Dienst Gottes und des Glaubens gestellt. Sie haben auf Gott ver­traut, sie haben seinem Willen gedi­ent und in seinem Auf­trag gelebt. Das war der feste Boden, auf dem sie in ihrem Leben standen.

Jesus hat ja den Leuten beizubrin­gen ver­sucht: “Sta­bil, stand­haft wird euer Leben, wenn Ihr es in Beziehung zu Eurem himm­lis­chen Vater bringt. Schliesslich seid Ihr für die Gemein­schaft mit Gott geschaf­fen. Ohne Gottver­trauen fehlt Eurem Leben das Fun­da­ment. Nur wenn Ihr in Beziehung mit Gott lebt, bringt ihr Eure Füsse im Leben auf den Boden.“

Nun: Wie macht man das konkret? Wie baut man ein festes Fun­da­ment für sein Leben? – Jesus hat diese Frage mit der Geschichte beant­wortet, die wir vorhin gehört haben. Und damit gemeint: „Das Fun­da­ment des Lebens beste­ht im Ver­trauen auf Gott. Darum: Ver­traue auf Jesus, dann kannst Du Dein Leben­shaus auf sta­bilem, sicherem Fun­da­ment auf­bauen.“ – Nun mag das ja richtig und wichtig sein. Aber sehr konkret ist es noch nicht. Was heisst das denn, sich auf Jesus zu ver­lassen? Wie sieht das im Leben konkret aus?

Um das zu ver­ste­hen, müssen wir die bib­lis­chen Zusam­men­hänge genauer anschauen: Das Gle­ich­nis vom Haus­bau schliesst ja die soge­nan­nte Berg­predigt ab. Darauf bezieht sich Jesus, wenn er sagt: „Wer diese Worte hört und tut …!“ Gemeint ist also: Wer nach der Berg­predigt lebt, der ver­traut Jesus, der baut sein Leben­shaus auf sta­bilen, fel­si­gen Untergrund.

Aber was ste­ht denn alles in der Berg­predigt? Ich greife ein paar Stich­worte her­aus und dann merken wir schnell: Sein Leben­shaus auf Felsen zu bauen ist eine Leben­sauf­gabe. Wir wer­den ganz konkret und sehr per­sön­lich jeden Tag neu her­aus­ge­fordert, wenn wir tat­säch­lich so leben wollen, wie es Jesus gefällt. – Also, ich nenne einige Stich­worte (® Her­aus­forderun­gen) aus der Bergpredigt:

  • Es begin­nt mit den Selig­preisun­gen: Da kommt sofort zum Aus­druck, dass Jesus ganz eigene Pri­or­itäten set­zt. Er macht den Hype um die Berühmten, Schö­nen, Reichen und Mächti­gen nicht mit. Ihn beein­druck­en andere Leute. Von Armen, die sich helfen lassen oder von Trau­ri­gen, die sich trösten lassen, spricht Jesus z.B. Und er anerken­nt Leute, die sich nicht auf Geld und Macht ver­lassen, die auf die Bedürfnisse ihre Mit­men­schen Rück­sicht nehmen, die barmherzig und freige­big sind oder die Frieden stiften kön­nen. Solche Men­schen sind glück­lich zu nen­nen, weil sie das Gute, das Gott in ihr Leben geschenkt hat, ver­mehren und weit­ergeben kön­nen. Sie ver­trauen nur Gott. Darum spricht Jesus ger­ade solche Men­schen selig.
  • Dann geht es um Gerechtigkeit: Wer sich auf Gott ver­lässt, muss sich um mehr Gerechtigkeit bemühen, sagt Jesus. Konkret redet er ein­er­seits von der Ehe. Wer sich auf ihn ver­lässt, bricht nicht in andere Beziehun­gen ein und mei­det Sit­u­a­tio­nen, in denen er schwach wer­den kön­nte. Ander­er­seits geht es vor allem um Gewalt­losigkeit. Das fängt schon beim Verzicht auf Beschimp­fun­gen und Belei­di­gun­gen an. Es geht weit­er damit, dass man Unrecht ein­steck­en und auf Rache verzicht­en soll: Wer eine Ohrfeige kassiere, solle nicht zurückschla­gen, son­dern die andere Backe auch noch hin­hal­ten, sagt Jesus. Und schliesslich gipfelt das Ganze in der Forderung: Ihr sollt nie­man­den has­sen. Selb­st Eure ärg­sten Feinde sollt ihr vielmehr lieben. — Aus dem Ver­trauen aus Gott her­aus geht das. Und wenn ihr es tut, dann baut ihr so Euer Leben­shaus auf Felsen.
  • In ein­er anderen Pas­sage der Berg­predigt sind die ‚From­men’ ange­sprochen, jene, die schon immer das Beste aus ihrem Leben machen woll­ten. Es ist gut, sagt Jesus, wenn ihr Geld spendet, wenn ihr betet und wenn ihr fastet. Aber macht bitte keinen Wet­tbe­werb daraus! Es geht nicht darum, wer am meis­ten ver­schenkt, wer die läng­sten oder ergreifend­sten Gebete spricht oder wer am enthalt­sam­sten lebt. Es geht bei dem allem, beim Beten genau­so wie beim Fas­ten und beim Schenken erst recht, darum, loszu­lassen, Freiraum zu gewin­nen und der Beziehung, dem Ver­trauen zu Gott immer mehr Platz im eige­nen Leben zu geben. Es geht darum, dass Gott Dir immer näher kom­men kann … aber es spielt über­haupt keine Rolle, wer darin bess­er oder schon weit­er ist.
  • Dann geht es direkt um das Ver­trauen auf Gott: Jesus sagt, dass wir uns kein­er­lei Sor­gen zu machen brauchen, dass wir die Angst, wir kön­nten zu kurz kom­men, hin­ter uns lassen kön­nen. Gott sorgt für uns. Er wird uns alles geben, was nötig ist, er wird das Beste aus unserem Leben wer­den lassen, wenn wir nur auf ihn ver­trauen, nach seinem Willen fra­gen und sein Reich mitauf­bauen helfen. Denn das ist das Wichtig­ste: Dass das Reich Gottes wächst und dass immer mehr Men­schen anfan­gen, das Best­mögliche in ihrem Leben zu suchen, das nur mit Gottes Hil­fe real­isiert wer­den kann.
  • Dass wir unsere Mit­men­schen nicht verurteilen sollen, son­dern ihnen bess­er vergeben, ste­ht eben­falls in der Berg­predigt. Genau­so der Hin­weis, dass jed­er zuerst vor sein­er eige­nen Tür wis­chen solle, bevor er andere kri­tisiert. Und dann geht es noch ein­mal ums Beten: Wer Gott um etwas bit­tet, der darf ihm so sehr ver­trauen, dass er auch mit der Erfül­lung sein­er Bitte rechnet.

Das war jet­zt noch bei weit­em nicht alles, son­dern nur eine kurze, stich­wor­tige Zusam­men­fas­sung von dem, was Jesus in der Berg­predigt sagt. Das alles bezieht sich Jesus, wenn er dann am Schluss sagt: „Wer diese meine Worte hört und tut, der gle­icht einem klu­gen Mann, der sein Haus auf fel­si­gen Grund baut.“ Oder anders gesagt: Wer nach den Prinzip­i­en der Berg­predigt lebt, dessen Leben ste­ht sta­bil auf einem uner­schüt­ter­lichen Felsen. In einem anderen Zusam­men­hang hat Jesus sog­ar gesagt: „Him­mel und Erde wer­den verge­hen, aber meine Worte wer­den nicht verge­hen!“ (Mt 24,35)

Aber ob man über­haupt nach diesen Worten Jesu leben kann? Ger­ade in der Berg­predigt stellt Jesus unglaublich hohe Ansprüche. Und wenn manche Leute sagen, es sei allzu­viel ver­langt, so gut könne ja nie­mand leben, dann ist das nicht ganz falsch. Wer die Berg­predigt als Gesetz liest, das buch­stäblich zu erfüllen sei, wird tat­säch­lich immer wieder scheit­ern. Schliesslich: Manch­mal haben wir ein­fach Angst, zu kurz zu kom­men. Manch­mal wird unser Gottver­trauen durch Zweifel erschüt­tert. Manch­mal kön­nen wir ein­fach keine Liebe empfind­en für jeman­den, der uns plagt.

Das heisst aber noch lange nicht, dass ein Ver­such sich gar nicht lohne. Ich ver­ste­he die Berg­predigt nicht als Massstab, nicht als ein Gesetz, nach dessen Buch­staben wir abgeurteilt wer­den. Son­dern sie ist eine Zielvor­gabe, die aufzeigt, wohin wir uns entwick­eln kön­nen. Und es lohnt sich, in diese Rich­tung zu gehen, denn je mehr die Berg­predigt ver­wirk­licht ist, umso bess­er wird das Leben. Ausser­dem müssen wir das alles ja auch nicht aus eigen­er Kraft schaf­fen. Son­dern es ist uns zuge­sagt, dass wir mit Gottes Hil­fe (und mit der Zeit) ler­nen kön­nen, barmherzig, fried­liebend, sor­g­los, gerecht zu sein, ja dass wir dank ihm tat­säch­lich sog­ar anfan­gen kön­nen, unsere Feinde zu lieben.

Und damit bin ich auf der anderen Seite. Was wir tun müssten oder soll­ten, ist das eine. Dass wir  Gott sei Dank, fähig wer­den, es tat­säch­lich zu leben, ist das andere. Weil Gott uns fes­ten Boden unter die Füsse gibt, kön­nen wir das Leben darauf gut und zuver­sichtlich gestal­ten. „Ich bin ein Gott, der dich sieht!“ spricht uns die Jahres­lo­sung zu. Das ist über­haupt nicht dro­hend gemeint, wie das alte Soschu-Lied: ‚Pass auf, kleines Aug, was du siehst …‘ befürcht­en lassen kön­nte. Son­dern es ist ermuti­gend gemeint: Du gehst nicht vergessen. Du bist wahrgenom­men und geliebt. Auch Dein bestes Wollen wird gese­hen und anerkan­nt, selb­st wenn es dann anders herauskommt.

Gott ist auf unser­er Seite. Er hat sich in Chris­tus mit uns ver­bün­det, um uns ein gutes und gelun­ge­nes Leben zu machen. Mit Worten aus Jer 31 (® Schriftle­sung) gesagt: „Der neue Bund …völ­lig anders: Ich schreibe euch mein Gesetz nicht auf Steintafeln, son­dern in Herz und Gewis­sen. Ich bin Euer Gott ihr seid mein Volk «, sagt der Herr.

Das ist der feste Boden, auf dem wir unser Leben­shaus bauen kön­nen: Der Bund, den Gott in Chris­tus mit uns geschlossen hat. Jesus garantiert in der Berg­predigt: „Wer zuerst auf das Reich Gottes aus ist, dem wird alles andere geschenkt wer­den“. Paulus hat es ein­mal so for­muliert: „Einen anderen Grund kann nie­mand leg­en als den, der gelegt ist, welch­er ist Jesus Chris­tus.‘ (1. Korinther 3,1 1) Amen

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