Kinder des Lichts — Glaube als Ressource V

Eph­eser 5,1–2.8–9

Predigt am 12.03.2023 in der EMK Adliswil

Liebe Gemeinde,

‚den Glauben als Ressource nutzen‘ – um dieses Oberthe­ma bewegte ich mich in meinen bish­eri­gen Predigten in diesem Jahr. Von ver­schiede­nen Seit­en her und mit unter­schiedlichen Bildern habe ich es beleuchtet. Zunächst war das Leit­bild zuerst ‚sich ver­wurzeln‘. Dann ging es um die Her­aus­forderung, sich anzu­ver­trauen‘. Vom Leben aus der Kraft des Geistes habe auch ich gere­det. Und am ver­gan­genen Son­ntag lautete die Ein­ladung: Chris­tus, der in mir lebt, Raum zu geben. 

Zum vor­läu­fi­gen Abschluss der Rei­he will ich heute noch die bib­lis­che Licht­metaphorik aufnehmen. Der Refrain bleibt der­selbe. Da ist ein­er­seits die Zusage: Es ist alles vorhan­den, von Chris­tus geschenkt, was wir brauchen, um das Leben gut zu gestal­ten. Und ander­er­seits ist die Einladung/Herausforderung: Die zur Ver­fü­gung ste­hen­den Ressourcen zu nutzen und so dazu beizu­tra­gen, dass Christi Kraft in der Welt wirken kann. Zus­pruch und Anspruch bzw. Ver­heis­sung und Auf­trag sind – wie meis­tens in der Bibel – ineinan­der ver­schränkt und eigentlich zwei Seit­en der­sel­ben Medaille.

Heute beste­ht im Anschluss an die Predigt die Möglichkeit, das Sym­bol der Sal­bung in Anspruch zu nehmen. Das ist eine konkrete Möglichkeit, die Ressourcen zu nutzen. Und es ist zu wün­schen, dass das dabei ver­wen­dete Öl für uns zum Brennstoff für das Licht wird, das wir in Christi Namen ausstrahlen sollen.

Als Leit­verse aus der Bibel nehme ich Sätze aus dem 5. Kapi­tel des Epheserbriefs:

Nehmt euch also Gott zum Vor­bild! Ihr seid doch seine geliebten Kinder. Und führt euer Leben so, dass es ganz von der Liebe bes­timmt ist. Genau­so hat auch Chris­tus uns geliebt und sein Leben für uns gegeben –als Opfer und als Duft, der Gott gnädig stimmt..… Früher habt ihr näm­lich selb­st zur Fin­ster­n­is gehört. Aber jet­zt seid ihr Licht, denn ihr gehört zum Her­rn. Führt also euer Leben wie Kinder des Lichts! – Denn das Licht bringt als Ertrag lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit (Eph­eser 5,1–2.8–9)

I. Die Botschaft: Du bist ein Kind des Lichts

Der Apos­tel beze­ich­net seine LeserIn­nen als Kinder des Lichts. Das ist eine grossar­tige Zusage. Son­st sind es im NT arbeit­en vor allem die joh. Schriften, die immer wieder das Bild des Licht­es bemühen. Schon zu Beginn des Jh-Ev heisst es: “Jesus kam in diese Welt als das wahre Licht …  wie viele ihn aber auf­nah­men, denen gab er Macht, Kinder Gottes zu wer­den” (vgl. Jh 1,9–12). Später sagt Jesus: “Ich bin das Licht der Welt!” (vgl. Jh 8,12). Und der 1. Jh beze­ich­net, wie in der Schriftle­sung gehört, Gott selb­st als Licht. Licht und Liebe ver­wen­det dieser Brief syn­onym. Das gipfelt schliesslich in der Zusage: “Wer in der Liebe lebt, lebt in Gott und Gott lebt in ihm!” (1. Jh 4,16)

Das alles gehört zum bib­lis­chen Hin­ter­grund der Zusage: “Ihr seid, du bist ein Kind des Lichts!” Gemeint ist: “Du gehörst zu Gott. Seine uner­schöpfliche Liebe ste­ht Dir als Energiequelle zur Ver­fü­gung. Du strahlst aus, was Gott will. In Dir ist es hell. Und dank dir wird es in und um andere Men­schen heller.”

Speziell bei solchen göt­tlichen Zusagen in der Bibel ist: Sie sind bedin­gungs­los. Sie haben nicht die Form: “Wenn/falls …, dann …!” Son­dern gemeint ist: “Du bist … , weil …!” Also: “Du bist ein Kind des Lichts, weil Gott Dich liebt!” — Das ist so. Daran gibt es keine Abstriche zu machen. Ihr seid Gottes geliebte Kinder. Punkt. Oder bess­er: Ausrufezeichen.

II. Was Kinder des Lichts tun: ‚Sün­nele‘

Ich bin, wir sind also Kinder des Lichts. Doch: Was tun Kinder des Lichts? Was zeich­net sie aus? — Das natür­lich­ste ist für sie, sich zu son­nen. Sie set­zen sich immer wieder dem Licht der Liebe Gottes aus. Weil sie davon leben. Weil sie daraus ihre Kraft und Energie beziehen. – Wenn ich ‚sün­nele‘ sage, denke ich weniger an das ‚Grup­pen­bräteln‘ von Som­mer­touris­ten am Mit­telmeer­strand. Son­dern es geht mir um die Ori­en­tierung an der Sonne, um die Aus­rich­tung auf Gottes Liebe.

Das beste Bild dafür ist die Son­nen­blume. In den meis­ten Sprachen hat sie einen Namen, der auf die Sonne hin­weist. Dies aus zwei Grün­den: Zum einen gle­icht eine blühende Son­nen­blume ganz ein­fach der Sonne. Ihre gel­ben Blüten­blät­ter erin­nern an die Son­nen­strahlen: Zum anderen wen­det die Son­nen­blume ihre Blüte immer der Sonne zu. Nicht von unge­fähr heisst sie auf Franzö­sisch ‘Tourne-sol’ (® ‘die sich zur Sonne Drehende’) heisst. In einem Son­nen­blu­men­feld schauen ja immer alle Blu­men in dieselbe Rich­tung, weil sie dem Lauf der Sonne fol­gen. Es sieht dann aus, als wür­den sie miteinan­der die Sonne anbeten.

Die Son­nen­blume ist ein Kind der Sonne, und das sieht man ihr an. Wenn die Sonne mit Gott bzw. sein­er Liebe ver­glichen wurde, dann gle­ichen wir Men­schen der Son­nen­blume. Wenn die Son­nen­blume ein Kind der Sonne ist, dann sind wir Kinder Gottes: Wir sind Abbild (bzw. Eben­bild) Gottes, erin­nern selb­st an Gott, so wie die Son­nen­blume an die Sonne erin­nert. Wir richt­en uns so nach Gott aus wie die Son­nen­blume dem Lauf der Sonne fol­gt. Und: Wer die Strahlen der Sonne Gottes ein­fängt, wird selb­st zur kleinen Sonne — da, wo er/sie hingepflanzt wurde.

„Lebt als Kinder des Lichts!“ So heisst es im Eph. Das heisst: Son­nt Euch im Licht von Gottes Liebe! Was geht das konkret? – Im Ver­lauf der Predigten über den Glauben als Ressource habe ich Vieles angedeutet. Stich­wor­tar­tig wieder­hole ich an dieser Stelle:

  • Sich ver­wurzeln in den Zusagen Gottes: Bib­lis­che Ver­heis­sun­gen per­sön­lich und ernst nehmen. Daran fes­thal­ten: Ich bin ein Kind Gottes. Seine Liebe ist gren­zen­los. Seine Barmherzigkeit nicht zu über­bi­eten. Ich ste­he auf dem Boden, den Jesus Chris­tus mit seinem Leben, Reden, Ster­ben und Aufer­ste­hen gebaut hat.
  • Ver­trauen wagen: Im Namen Gottes vor­wärts gehen, vielle­icht auch ein­mal absprin­gen … und erleben. Ich werde getra­gen, wo ich ganz ihm vertraue.
  • Die Botschaft der Bibel ins Leben inte­gri­eren: Mich immer wieder an ihre Botschaft erin­nern. Mit Liedern. In der Bibel lesen und nicht vergessen: Es geht darin um mich persönlich.
  • Gottes Gegen­wart mit allen Sin­nen wahrnehmen: Ihn spüren und begreifen als den Boden, auf dem ich ste­he. Mich aufricht­en und ihm Raum geben in mir. Den Gedanken an ihn mit meinem Atem verbinden.
  • Beten: Immer wieder, allein und mit anderen. Und dabei nicht nur reden, son­dern auch zuhören und Stille aushalten
  • Einstellung/Mindset: Danken statt jam­mern, ermuti­gen statt kri­tisieren, hof­fen statt zweifeln

Das sind Möglichkeit­en, wie sich Kinder des Lichts in der Liebe und Zuwen­dung Gottes son­nen. Und so wer­den sie selb­st zu Lichtern und Leucht­en, nicht aus eigen­er Kraft, aber fähig, das Licht Gottes weit­erzus­trahlen. Sie wer­den zu Lichtgestalten.

III. Auswirkun­gen

Als ‚Licht­gestal­ten‘ wer­den Men­schen beze­ich­net, die auf beson­dere Weise aus der Menge her­ausstechen: Ret­ter der Armen, Kämpferin­nen für die Gerechtigkeit, höch­st­be­gabte Wis­senschaftler, Kün­st­lerin­nen oder Poli­tik­er. Oder eben: Chris­ten sind ‚Licht­gestal­ten‘. Das behauptet zumin­d­est Eph­eser 5,8 so: „Denn ihr wart früher Fin­ster­n­is; nun aber seid ihr Licht in dem Her­rn. Lebt als Kinder des Lichts!“

Wie gesagt: Wir sind nicht aus eigen­er Kraft grosse Leucht­en. Wenn wir Licht ausstrahlen kön­nen, dann, weil Chris­tus uns anstrahlt, weil wir von ihm Licht d.h. Energie beziehen kön­nen. Chris­tus erleuchtet uns.

Leben ohne Chris­tus ist aus Sicht des Apos­tels etwas Düsteres. Wo sein Licht nicht leuchtet, kommt es zu dun­klen Machen­schaften, nicht zulet­zt auch im Umgang mit dem anderen Geschlecht oder mit dem Geld. Das wird im ganzen Abschnitt Eph­eser 5,1–14 deut­lich. Götzen­di­enst, so wird darin näm­lich unter­strichen, bedeutet nicht nur das Anbeten ander­er Göt­ter. Die Vergöt­terung des eige­nen Ichs, das die anderen, ihre Sex­u­al­ität oder ihren Besitz aus­nützt, ist auch Götzen­di­enst. Das ist düsteres Hei­den­tum und lässt sich mit dem Reich Gottes nicht vereinbaren.

Aber, so macht der Apos­tel seinen Leserin­nen und Lesern bewusst, das habt ihr hin­ter euch! Chris­tus hat sich für euch hingegeben. Und euch so aus dem düsteren und got­t­losen Leben her­aus­ge­holt. Er hat die Fol­gen eur­er dun­klen Machen­schaften auf sich genom­men und sie so über­wun­den. Er hat das Dunkel des Todes durch­lit­ten, damit euch nun das Licht des Lebens leucht­en kann. Lebt also in und aus dem Licht, das Chris­tus für euch errun­gen hat.

Das hat dann auch konkrete Fol­gen: Wenn es in uns hell ist, wird es auch um uns herum hell. Das Licht ist eine kraftvolle Energie. Es bringt Früchte her­vor. Was für eine Ent­las­tung! Nicht wir müssen Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit her­vor­brin­gen. Son­dern das Licht Gottes bewirkt diese Früchte in uns. Wir selb­st und die Men­schen, mit denen wir zu tun haben, kom­men in den Genuss davon. – In diesem Zusam­men­hang erge­ht der Aufruf: «Lebt als Kinder des Lichts!» Das heisst: «Lebt als Men­schen, in denen das Licht Christi bren­nt.» Dann wird es auch in eur­er Umge­bung hell und heller. Das düstere Dunkel muss weichen.

Es ist wichtig, das richtig zu ver­ste­hen. Hier wird nicht eine Forderung oder ein Leis­tungsauf­trag aus­ge­sprochen, son­dern vielmehr eine Ver­heis­sung. Gott bewirkt in uns, was er sich wün­scht. Genau­so hat Jesus in der Berg­predigt nicht gesagt: «Ihr müsst das Licht der Welt sein.» Son­dern er spricht seinen Nach­fol­gern zu: «Ihr seid das Licht der Welt» (Matthäus 5,14). Wir müssen uns also nicht anstren­gen, um zu leucht­en. Es genügt, wenn wir ihm zutrauen, dass er sein Ver­sprechen wahr macht und uns mit­ten im All­t­ag zum Leucht­en bringt.

Zum Schluss: Du bist eine Leuchte Gottes. Er gibt Dir die Energie, eine strahlende Erschei­n­ung zu sein. Und das bist du. Du bist ein Kind des Lichts.

Öl ist ja ein Energi­eträger, ein Kraft­stoff. Darum: Nimm doch, wenn Du Dich sal­ben lassen willst, das Öl und seinen Duft als Zeichen dafür: Da ist Energie, da ist Kraft­stoff. Ich bin fähig, als ein Kind des Lichts zu leben. Ich bin es. Dank Gott. Amen

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