Impuls zu Josua 1,9 in der EMK Adliswil am 11.05.2025

Liebe Gemeinde,
wer von uns hätte gewagt, was David tat? Goliath entgegenzutreten? Sich ihm zu stellen? Es geht heute um Mut. Wir müssen zwar – Gott sei Dank – nicht Mut im Kampf auf Leben und Tod aufbringen. Dennoch: Mutig vorwärts gehen – das soll ein Wert unserer Gemeinde sein. — Ist das auch so? Sind wir wirklich mutig? Nicht oft vielmehr vorsichtig? Zaudernd? Vielleicht sogar ängstlich? Ist es nicht oft eher ein Wunsch oder ein Traum als Wirklichkeit, dass wir mutig vorwärts gehen?
Bei der Formulierung dieses Wertes waren zwei Gedanken mit im Spiel: Einerseits eine Konzession an die Wirklichkeit: Alles ändert sich ja. Ständig. Es kann gar nicht anders sein, als dass auch eine Gemeinde sich immer wieder ändern muss. Schritte machen muss. Gehen (zu müssen) gehört zum Leben. – Es braucht aber oft Mut, Veränderungen zu verwirklichen oder nachzuvollziehen. Die Schritte tatsächlich zu tun. Darum: Mutig vorwärts gehen.
Andererseits steckt darin ein Wunsch: Es soll vorwärts, nicht rückwärts, seitwärts oder im Kreis gehen. Wir möchten proaktiv, gestaltend unterwegs sein. Schliesslich: Wenn man sich von Veränderungen ringsum nur treiben und hetzen lässt, wenn man nur reagiert, dann wird man geschleppt, statt selber zu gehen. Dann hat man keinen Einfluss auf die Richtung, die der Weg nimmt. Das ist kein gutes Gefühl. Darum: Vorwärts gehen … im vollen Bewusstsein, dass das Mut braucht, man sich manchmal einen Schupf geben muss.
Mutig vorwärts gehen. – Was genau heisst Mut? Es geht nicht um Wagemut, womöglich gar Leichtsinn. Es geht auch nicht um Mutproben oder Nervenkitzel. Es geht nicht darum, irgendetwas zu beweisen. Und: Vor jedem Schritt ist Vieles in den Blick zu nehmen: Was bewirkt der Schritt? Können ihn alle oder viele schadlos mitgehen? Macht der Schritt Sinn? Vielleicht würden wir deshalb in der Kirche sogar lieber formulieren: Umsichtig vorwärts gehen. Oder sogar: Vorsichtig vorwärts gehen… Man will ja auch nichts falsch machen!
Da gibt es nur ein Problem: In der Realität verzögert Vorsicht viele Schritte unnötigerweise. Oder verhindert einen zweiten Versuch, wenn der erste nicht gelungen ist. Das ist schade. Schliesslich: Was beim ersten Mal schief geht, könnte ja im zweiten oder dritten Anlauf gelingen …. Das meiste, was wir können, haben wir nicht auf Anhieb geschafft. Zum Lernen und Weiterkommen gehören Fehlversuche und der Mut, es erneut zu probieren.
Darum: Mutig ist nicht, wem jeder Schritt auf Anhieb gelingt. Mutig ist eher, wer auch einen zweiten oder sogar dritten Anlauf wagt. Wer aus Misstritten die nötigen Schlussfolgerungen zieht. Und es noch einmal versucht. Mutig ist, wer Angst und Bedenken überwindet. Nicht wer sie gar nicht hat. – Wer nämlich weder Angst noch Bedenken kennt, wird eher fahrlässig, vielleicht sogar leichtsinnig. Mut besteht nicht in der Abwesenheit von Angst. Sondern Mutige können konstruktiv mit ihrer Angst umgehen.
Darüber hinaus gehört zum Mut Vertrauen. — Nachdem Moses gestorben war, stand Josua als junger Mann an der Grenze zum Land Kanaan. Er sollte das Volk ins gelobte Land führen. Dabei wusste er um die Wehrhaftigkeit der Kanaaniter. Eine einschüchternde Situation. Mir kommen viele Wenn und Aber in den Sinn, die ihn in diesem Moment gebremst haben könnten. Deshalb wendet sich Gott direkt an Josua und sagt zu ihm „Ich habe dir doch gesagt, dass du stark und mutig sein sollst! Fürchte dich nicht und schrecke vor nichts zurück! Denn der Herr, dein Gott, ist mit dir bei allem, was du unternimmst!“ (Josua 1,9) – Ob der Appell an den Mut alleine wirksam gewesen wäre, wage ich zwar zu bezweifeln. Aber mit dieser Begründung sieht es anders aus. Sie ist bemerkenswert: Josua kann mutig sein, weil Gott mit ihm ist. Weil er sich auf Gott verlassen kann. Der Mut, von dem Gott hier spricht, wurzelt im Vertrauen auf Gott. Mit und dank Gott ist es möglich, mutige Schritte vorwärts zu gehen.
Vertrauen auf Gott ist zu entwickeln. Daraus kommt der Mut zu Schritten, die nicht schon im Voraus zu kalkulieren sind. Beim Wert ‚mutig vorwärts gehen‘, geht es im Kern um Gottvertrauen.
Interessanterweise kommt das Wort Mut (oder mutig) aber in der Bibel nur selten vor. Vielleicht, weil Verwegenheit zu riskant ist. Oder weil mutige Helden sich den Erfolg leicht selbst zuschreiben und vergessen, dass Gottvertrauen der Erfolgsfaktor ist. – Im AT gibt es einige Vorbilder betreffend Mut. Abraham mit seinem Aufbruch in unbekanntes Land zum Beispiel. Oder David, der sich Goliath stellt. Oder Elia im Wettstreit mit den Baalspropheten. Immer aber betont die Bibel das Gottvertrauen. Und dass Gott das Gelingen geschenkt hat.
Im NT kommt das Wort ‚mutig‘ fast gar nicht vor. Aber in der Apg kommt das Wort Freimut (oder freimütig) vor. Es beschreibt, wie die Apostel von jeder Angst befreit mutig Christus bezeugen konnten. Es geht so weit, dass Petrus und Johannes vor Gericht sagen: „Wir können’s ja gar nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben!“ (Apg 4,20) Da geht es auch um Begeisterung und um Inspiration. Der Mut, zu glauben bzw. zu Jesus zu stehen wächst als Geschenk aus dem Vertrauen zu Gott.
Im Monatsinfo habe ich auch über ‚Mutig sein‘ geschrieben, über Josua. Dabei habe ich unterstrichen: Mut/Vertrauen bedeutet, die Kontrolle an Gott abzugeben. Ich zitiere abschliessend ein paar Sätze: Angsthasen sind ganz besonders herausgefordert und eingeladen, die Kontrolle abzugeben. Sich Gott anzuvertrauen. Darauf zu setzen, dass er da ist und wirkt und führt. Und zu entdecken, wie die Angst schmilzt, wenn man sich auf Gott verlässt. Er ist immer da. Darum erinnere ich Angsthase mich gerne jeden Tag an diesen Zuspruch Gottes: «Ich sage dir noch einmal: Sei mutig und entschlossen! Hab keine Angst und lass dich durch nichts erschrecken; denn ich, der Herr, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst!» Amen
