Ein etwas längerer Text, der sich mit dem Sinn und Inhalt des Feiertags ‘Himmelfahrt’ beschäftigt. Er basiert auf einer Predigt, die ich am Himmelfahrtstag 2019 am Spycherfest in Nussbaumen bei Bülach gehalten habe.
Abschiede sind eigentlich kein Grund für ein Freudenfest. Und doch haben wir heute einen Feiertag, der auf einen Abschied zurückgeht. Jesu Himmelfahrt war doch ein Abschied. Die Jünger sahen Jesus zum letzten Mal. Ihnen war bewusst, dass sie nie mehr so mit ihm würden unterwegs sein können, wie sie es in den besten Jahren ihres Lebens genossen hatten. – Wie konnte aus der Erinnerung an diesen Abschied ein Feiertag werden? War es vielleicht gar kein Abschied?
Video-Gottesdienst — Herzlichen Dank an Urs Bertschinger, Orgel (Eingeweihte werden es schnell merken: Die Orgelmusik haben wir diesmal in der EMK Zürich 2 aufgenommen) und Luca Hunold, Technik, für ihre Unterstützung.
Das erste Kapitel des Johannes-Evangeliums ist ein ganz besonderer Text. Mich fasziniert daran einerseits sein Bemühen, die gute Nachricht von Jesus in der Sprache der damaligen Philosophie zu formulieren. Andererseits bringt dieses Gedicht präzise auf den Punkt, was sich im Neuen Testament gegenüber früher geändert hat. Zusammengefasst klingt das in der Lutherübersetzung in Vers 17 so: «Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.»
Wahre Würde hat wenig zu tun mit glänzenden Orden auf einer Brust. Diese erinnern eher an unwürdige Kriege. Sie hat nicht viel zu tun mit dezenten Kleidern, mit dunkelblauen Kostüms oder Nadelstreifen und Krawatten. Auch der zerlumpte Bettler in Paris in seinen ausgefransten Klamotten, das schmutzige Kind auf dem Abfallhaufen in Rio, der Aussätzige in Somalia - sie alle haben ihre Würde.
Obwohl der Begriff darin gar nicht vorkommt, lässt mich der Bericht des Johannesevangeliums von der sogenannten Tempelreinigung über das Wort “heilig” nachdenken: Was ist mir heilig? Wie verhalte ich mich im Blick auf mir heilige Dinge? Bedroht Unheiliges Heiliges? Oder ist es vielleicht eher umgekehrt?„Heilig?“ weiterlesen
Video-Gottesdienst — Herzlichen Dank an Othmar Wüthrich, Orgel und Luca Hunold, Technik, für ihre Unterstützung.
Übrigens: Wer sich für die Geschichte des Muttertages interessiert, findet unter diesem Link einen informativen Artikel der österreichischen EMK, inkl. eines kurzen englischsprachigen Clips.
Die Andacht heute ist aus dem 13. Kapitel des Markus-Evangeliums. Es ist die grosse Endzeitrede, die einerseits etwas verwirrend ist und Angst macht, andererseits aber auch eine gewisse Aktualität hat. Ohne zu recherchieren kann ich mir gut vorstellen, dass es nicht wenige Apokalyptiker in den Kirchen gibt, die in Corona den Anfang des Endes sehen. Ob das so ist, werden wir bald sehen. Unser Text ist das Ende des Kapitels, die Fortsetzung ist der Anfang der Passionsgeschichte
33 Gebt acht, bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann der Zeitpunkt da ist. 34 Es ist wie bei einem Menschen, der ausser Landes ging: Er verliess sein Haus, gab seinen Knechten Vollmacht, jedem seine Aufgabe, und dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. 35 Seid also wachsam, denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt: ob am Abend oder um Mitternacht oder beim Hahnenschrei oder am frühen Morgen, 36 damit er, wenn er auf einmal kommt, euch nicht schlafend finde. 37 Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!
13 Und die Leute von Jerusalem schicken einige von den Pharisäern und den Herodianern zu Jesus, um ihm eine Fangfrage zu stellen. 14 Und sie kommen und sagen zu ihm: Meister, wir wissen, dass du der Wahrheit verpflichtet bist und auf niemanden Rücksicht nimmst; denn du achtest nicht auf das Ansehen der Person, sondern lehrst den Weg Gottes, wie es richtig ist. Ist es erlaubt, dem Kaiser Steuern zu zahlen, oder nicht? Sollen wir zahlen oder nicht zahlen? 15 Er aber kannte ihre Heuchelei und sagte zu ihnen: Was stellt ihr mich auf die Probe? Bringt mir einen Denar, damit ich ihn ansehe! 16 Und sie brachten ihm einen. Da sagt er zu ihnen: Wessen Bild und Inschrift ist das? Sie sagten zu ihm: Des Kaisers. 17 Da sagte Jesus zu ihnen: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Und sie wunderten sich sehr über ihn.
Bei der Geschichte von der Speisung der 4000 ist Vieles ganz aussergewöhnlich:
Zum einen steht nur zwei Kapitel vorher die Geschichte der Speisung der Fünftausend. Sie wird hier fast wörtlich wiedergegeben. Schlaue Theologen sprechen gerne von einer Doppelüberlieferung, dh. eine Geschichte wird zweimal separat überliefert, weil sie nicht ganz identisch sind. Niemand merkt es, nur wir, 2000 Jahre später, weil wir so gescheit sind. Aber das ist natürlich Unsinn: Markus wusste sehr wohl, dass er ein fast identisches Wunder kurz vorher erzählt hat. Das Aussergewöhnliche daran ist nun nicht mehr die Vermehrung des Brotes — jedeR LeserIn weiss, dass Jesus das kann. Aussergewöhnlich ist, dass die Jünger es offenbar nicht begriffen haben. Sie sind das zweite Mal ebenso sprachlos und ideenfrei wie das erste Mal. Das scheint mir der geistliche Clou dieser Geschichte zu sein.
Ein weitere Gesichtspunkt ist die Selbstverständlichkeit des Wunders: Jesus dankt nur, und dann ist viel mehr da, als benötigt wird. Wie es geschieht, wird nicht erzählt. Dass es jemandem aufgefallen wäre, auch nicht. Es passiert einfach so, als wäre es alltäglich.
Und schliesslich: Diese Geschichte erinnert mich auf eine fast schon schockierende Art an die Zeit, in der wir gerade leben: Aus nichts wird sehr, sehr viel, und wir wissen nicht, wie es geschieht. Nicht Brot, aber Tod.
Drei Gedankenanstösse zu drei Gesichtspunkten:
1. Wie oft müssen wir etwas erleben, bevor wir es glauben können bzw. es so tief in unsere Seele hineinsinkt, dass wir ein nächstes Mal darauf vertrauen können? Wie oft muss uns Gott helfen oder einen Weg zeigen, bis wir in der nächsten Sackgasse nicht wieder verzagt und hoffnungslos vor dem Berg stehen, sondern uns vertrauensvoll an Jesus wenden, weil wir glauben und erfahren haben und wissen, dass er hilft? Vielleicht wäre das heute Hilfe zur Hoffnung: Hat er dich je hängenlassen?
2. Jesus dankt, und aus fast nichts wird sehr viel. Nun, ich kann kein Brot vermehren, aber ich kann danken. Und sehen, was ich wirklich habe und nicht bloss vermissen, was mir fehlt. Das macht mein Leben reich. Es bleibt aber die Aufgabe des Verteilens: Jesus macht nicht Brot für sich, sondern für die anderen. Auch mein Brot gehört nicht nur mir. Was ich dankend als Gabe Gottes erkenne, ist immer auch eine Gabe Gottes an mich — durch mich — für andere.
3. Wer je gezweifelt hat, ob Brot sich überhaupt vermehren kann und ob diese Geschichte nicht einfach ein Ammenmärchen ist, merkt jetzt, wie wenig es wirklich braucht, damit plötzlich alles stillsteht, weil die unheilige Vermehrung nicht mehr zu stoppen ist. Oder hätte jemand von uns gedacht, dass wir noch ZeugInnen einer modernen Pest werden? Diese Geschichte gibt mir aber trotzdem Hoffnung: Wo viele viel brauchen und nichts mehr haben, da teilt Jesus aus. Wann und wie weiss ich auch nicht, aber ich weiss: „Da sagt Jesus zu den Jüngern: Das Volk tut mir leid.“ (Markus 8,2). Das bringt das Bild oben zum Ausdruck — etwas kitschig vielleicht, aber nicht minder wahr.