Zeichen der Zeit

Lukas 12,54–57

Predigt am 17.11.2024 in der EMK Adliswil

Kodak Leuchtreklame

Liebe Gemeinde,

im Som­mer habe ich einen ganzen Tag lang das Dorf Airo­lo erkun­det. Es galt die höch­ste Gewit­ter­warn­stufe. Deshalb verzichtete ich auf die geplante Wan­derung durch die Lev­enti­na. Im Not­fall wollte ich schnell Schutz find­en kön­nen. – Es kam zwar dann gar kein Gewit­ter. Aber das ist eine andere Geschichte.

Airo­lo – das Dorf am Süd­por­tal des Got­thard­pass­es. Hier kon­nte man erst­mals südlich­es Flair wahrnehmen. Die Bewohner*innen lebten lange gut vom Verkehr über die direk­teste Nord-Süd-Achse. Das sieht man dem Dorf bis heute an.

Doch das ist Ver­gan­gen­heit. Got­thardau­to­bahn und Eisen­bahn-Basis­tun­nel schnit­ten Airo­lo vom Verkehrs­fluss ab. Heute macht hier kaum mehr jemand Rast. Viele Hotels, Restau­rants und Tankstellen sind geschlossen. Die Infra­struk­tur bröck­elt vor sich hin. — Gefühlt alle 10 Schritte lese ich: ‚Vende­si‘, d.h. ‚zu verkaufen‘. Leute trifft man kaum auf der Strasse. Das Dorf wirkt depres­siv. Es ist einge­hüllt im Staub und Lärm der Baustelle für die 2.Gotthardröhre. Airo­lo wirk­te auf mich, als wäre es aus der Zeit gefall­en. Hat man hier die Zeichen der Zeit verkan­nt? Es zeich­nete sich doch ab, dass der Verkehr bald an oder unter Airo­lo vor­bei ver­laufen würde. Wurde ver­säumt, eine neue Grund­lage für die Wirtschaft zu suchen?

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Menschen sind wichtiger als Regeln

Markus 2,23–3,6

Predigt am 10.11.2024 in der EMK Adliswil

Gersten-Ähren vor blauem Hintergrund

Liebe Gemeinde,

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!“ Die Jahres­lo­sung mag klar und ein­deutig klin­gen. Und sog­ar methodis­tisch: Immer­hin hat John Wes­ley immer wieder vom Glauben gere­det, der in der Liebe tätig wer­den müsse.

Doch was heisst denn Liebe in der konkreten Sit­u­a­tion? Wenn zum Beispiel ein­er an mein­er Tür klin­gelt und um Geld bet­telt. Er könne sein Bahn­bil­lett son­st nicht bezahlen, erzählt er. Ich sehe ihm aber an, dass er das Geld sofort in Hoch­prozentiges ver­flüs­si­gen wird. Wie geht dann Liebe konkret? – Oder wie ich ein­mal erlebte: Ein unter­ge­tauchter Asyl­be­wer­ber, getrieben von Hunger und Kälte, stran­det in der EMK Bülach. Wie ver­halte ich mich ihm gegenüber liebevoll? Natür­lich gab ich ihm etwas zu Essen und liess ihn sich aufwär­men. Aber nach­her? Sollte ich ihn bei den Behör­den melden, denen er entwischt ist? Oder sollte ich ihm, wie er sich wün­schte, helfen, sich doch noch ganz nach Deutsch­land durchzuschlagen?

Wie funk­tion­iert die Liebe, von der Jesus spricht? Muss ich wom­öglich aus Liebe manch­mal Regeln brechen? – Genau darüber hat Jesus immer mit seinen jüdis­chen Zeitgenossen gestrit­ten. Viele hiel­ten nicht aus, wie lock­er er um der Leibe willen über heilige Gebote hin­weg ging.

Es ist kom­pliziert. Alles in Liebe geschehen zu lassen, heisst: Dem Vor­bild Jesu zu fol­gen. Das kann aber in Kon­flik­te führen, auch in Kon­flik­te damit, was als Gottes Gebote ange­se­hen wird. Beispiel­haft dafür ste­ht Jesu Umgang mit dem Sab­bat­ge­bot. Ich lese Markus 2,23–3,6 :

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Auf den Punkt gebracht

Markus 8,27–33

Predigt am 03.11.2024 in der EMK Adliswil und in der Regen­bo­genkirche

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Liebe Gemeinde,

wer war bzw. ist Jesus eigentlich? An dieser Frage schei­den sich die Geis­ter bis heute. Dabei hat die Antwort darauf entschei­dende Bedeutung.

Mk hat die Antwort genau in der Mitte seines Evan­geli­ums platziert. Er unter­stre­icht so die Bedeu­tung der Aus­sage: Er erzählt vom Beken­nt­nis des Petrus. Daran schliessen sich eine erste Lei­den­sankündi­gung und ein Stre­it zwis­chen Jesus und Petrus an.
Der Abschnitt bringt auf den Punkt, worum es Mk geht: Das ist 1. die Überzeu­gung: Ja, Jesus ist Gottes Sohn. Ja, er ist der erwartete Mes­sias. Es ist 2. die Präzisierung: Nein, er ist das nicht so, wie alle erwartet haben, son­dern ganz anders. Nicht Macht, son­dern Lei­den über­windet, was sich gegen Gott richtet. Und es ist 3. die War­nung: Wer sich nicht auf diese ganz andere Art des Mes­sias ein­lässt, wird zu seinem Geg­n­er. Er/sie riskiert, ‚Satan‘ beze­ich­net und in die Schranken gewiesen zu wer­den, von Jesus selb­st. — Ich lese Markus 8,27–33 in der Über­tra­gung der Basis Bibel:

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Jesus glättet die Wogen

Markus 4,35–41

gehal­ten am 27.10.2024 in der EMK Adliswil

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Liebe Gemeinde,

wir leben in chao­tis­chen, stür­mis­chen Zeit­en. In den Medi­en jagt eine Hiob­s­botschaft die näch­ste. Es ist schwierig, zuver­sichtlich oder auch nur einiger­massen entspan­nt zu bleiben, wenn man von Kriegen liest, von Kor­rup­tion liest oder die Bilder von Über­schwem­mungen und Stür­men liest.

Vor diesem Hin­ter­grund kann es gut tun, die Geschichte davon, wie Jesus auf dem See Genezareth einen Sturm stillte, zu lesen. Ich gehe heute so an sie her­an, dass ich sie wie ein Gle­ich­nis anschaue. Dabei wird die Geschichte zum Bild für unser Unter­wegs­sein im Leben und Glauben: Das Leben gle­icht dann einem Boot, unter­wegs von einem Ufer zum anderen. Oft kreuzen wir damit Gott sei Dank in ruhi­gen Gewässern. Dann ist es leicht, darauf zu ver­trauen, dass Gott mit uns ist. Doch der See kann rauh und stür­misch wer­den. Wir haben vielle­icht mit Wellen und ver­i­ta­blen Stür­men zu kämpfen. Doch auch dann ist Chris­tus an unser­er Seite. Er ver­liert wed­er die Über­sicht noch das Ver­trauen. – Ich lese Markus 4,35–41:

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Dankbare Sorglosigkeit

Matthäus 6,33

Erntedank-Predigt am 29.09.2024 in der EMK Adliswil

Liebe Gemeinde,

sich Sor­gen zu machen, Prob­leme zu sehen und darüber zu stöh­nen fällt vie­len oft leicht. Darum sang der deutsche Enter­tain­er Jür­gen von der Lippe schon vor bald 40 Jahren: “Guten Mor­gen liebe Sor­gen, seid ihr auch schon alle da? Habt ihr auch so gut geschlafen? Na, dann ist ja alles klar ….

Zur Dankbarkeit hinge­gen müssen sich viele einen Schupf geben. Und aus Dankbarkeit her­aus grosszügig zu teilen ist noch weniger selb­stver­ständlich. Dazu habe ich vor­let­zte Woche zwei Erleb­nisse gemacht:

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Den Himmel erfahren

Lukas 17,20–21

Predigt am 01.09.2024 in der EMK Adliswil und in der Regen­bo­genkirche

Liebe Gemeinde,

berühren sich Him­mel und Erde wirk­lich? Geht das? Die Sonne, die im Meer versinkt, ist eine optis­che Täuschung. Was sich in unseren Augen für Momente zu berühren scheint, bleibt eben doch 150 Mio. km voneinan­der ent­fer­nt.
Unbe­strit­ten ist aber, dass wir uns nach Berührun­gen des Him­mels sehnen. Mit ‚Him­mel‘ meine ich dabei, was im Englis­chen ‚heav­en‘ heisst: Der von Gottes Gegen­wart erfüllte Him­mel. Engl. ‚sky‘ dage­gen meint das Blaue über uns, das Fir­ma­ment oder das weite (und doch sehr leere) Weltall. Das fasziniert zwar, aber wir sehnen uns nicht danach. Wir sehnen uns aber nach dem Zuhause Gottes, eben dem ‚Heav­en‘. Gibt es Berührun­gen damit? – Die Bibel erzählt z.B. vom Besuch Gottes bei Abram und vom Gespräch der Emmausjünger mit dem Aufer­stande­nen. Das sind sehr konkrete Erfahrun­gen von Berührung durch den Him­mel. Doch das war vor langer Zeit. Gibt es so etwas auch heute?

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Im Gespräch mit der Bibel und Gott

Psalm 23

Predigt am 25.08.2024 in der EMK Adliswil

Liebe Gemeinde,

Wir sind unter­wegs, sind Auf dem Weg: Ob tat­säch­lich auf ein­er Wan­derung oder nicht, ob im All­t­ag in Beruf, Fam­i­lie, Fre­un­deskreis und Freizeit. Wir sind auf dem Weg. Auch im Glauben sind wir unter­wegs. Wir gehen weit­er, kön­nen nicht bleiben, wo wir sind, dür­fen und müssen uns weit­er­en­twick­eln. Auf diesem Weg sind wir zugle­ich ein­ge­laden und her­aus­ge­fordert, unter­wegs zu Hause zu sein. So habe ich es heute vor ein­er Woche formuliert.

Unter­wegs zu Hause sein kann ich in Beziehun­gen, mit anderen Men­schen und mit Gott. Ich bin auf dem Weg nicht allein, son­dern lebe in Beziehung. In der Kom­mu­nika­tion, indem ich gehört, gese­hen und ange­sprochen werde, finde ich Gebor­gen­heit. So kann ich unter­wegs zu Hause sein.

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Unterwegs zu Hause

Lukas 9,57–62

Predigt am 18.08.2024 in der EMK Adliswil und in der Regen­bo­genkirche

Liebe Gemeinde,

der Wan­der­steck­en in mein­er Hand zeigt an, dass auch heute Bezüge zu mein­er Wan­derung im Som­mer Teil der Predigt sind. Zum Ein­stieg sehen Sie das The­ma einge­blendet: Unter­wegs zu Hause. – Was löst diese For­mulierung in Ihnen aus? Leuchtet sie ein? Stört sie? Löst sie Wider­spruch aus?

Am let­zten Son­ntag lautete das The­ma: Auf dem Weg. Es ging darum, wie sehr unser Glauben und Leben auf dem Weg geschieht. Heute spitze ich das mit ‚unter­wegs zu Hause‘ zu. Damit teile ich eine Frage mit Ihnen, die mich schon lange begleit­et und die auf dem Weg neue Aktu­al­ität gewann. Ohne dass ich sie abschliessend beant­worten könnte.

Doch der Rei­he nach: Wir sind Auf dem Weg. Jesus nach­fol­gen bzw. an Chris­tus glauben bedeutet: auf dem Weg sein. Ob uns immer klar ist, wie sehr wir damit her­aus­fordert sind? Mit Jesus auf dem Weg sein ist eigentlich eine nomadis­che Lebens­form. Das Nomadis­che ist uns aber ziem­lich fremd. Als Gesellschaft ste­hen wir ihm ja ziem­lich kri­tisch oder sog­ar ablehnend gegenüber: Fahrende wer­den als ‚Zige­uner‘ beschimpft und auf wenige und kleine Flächen begren­zt. Mit Migra­tion haben wir grosse Schwierigkeit­en. Selb­st Flüch­t­ende nehmen wir eher grum­mel­nd auf. Unser Lebensstil ist sesshaft. Wir haben uns unser ‚Plätzchen‘ erobert, das wir ener­gisch vertei­di­gen. – Ich habe den Ein­druck, dass das nicht nur für unser Wohnen und Leben gilt. Son­dern auch für unsere Überzeu­gun­gen, Konzepte und Gedanken.

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Auf dem Weg

Gen­e­sis 35,3; Jesa­ja 55,8

Predigt am 11.08.2024 in der EMK Adliswil

Liebe Gemeinde,

Auf dem Weg – Schon in der Bibel kommt das Stich­wort ‚Weg‘ häu­fig vor. Oft als Bild für den Glaubensweg, den Lebensweg, ja das Leben über­haupt. 1678 veröf­fentlichte der englis­che Bap­tis­ten­predi­ger John Bun­yan sein Buch ‚Pil­ger­reise zur seli­gen Ewigkeit (orig­i­nal: ‚The Pilgrim’s Progress from this World to That Wich is to Come‘). Es wurde zu einem der bekan­ntesten Büch­er der Weltlit­er­atur und trug dazu bei, das Bild des Weges zum zen­tralen Begriff der Glaubenssprache zu machen. Heute trägt seit län­gerem auch der Pil­ger­boom dazu bei, dass ‚Weg‘ als zen­trales Ele­ment von Spir­i­tu­al­ität (nicht nur der christlichen) wahrgenom­men und ver­standen wird.

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Eine Miteinander Kirche

Eph­eser 2,14–22

Predigt am 09.06.2024 in der EMK Adliswil

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Liebe Gemeinde,

EMK ste­ht für evan­ge­lisch-methodis­tis­che Kirche. Das wis­sen wir. Aber manche Leute spie­len bisweilen gerne ein wenig mit diesen Buch­staben. Sie fra­gen sich dann: Wofür kön­nte EMK auch noch ste­hen? – Schon öfter gehört habe ich zum Beispiel: EMK ste­ht eigentlich für ‚Eine Menge Kom­mis­sio­nen‘. Damit verbindet sich die Kri­tik, dass wir überor­gan­isiert bzw. über­struk­turi­ert seien. Andere deuten mit Blick auf Kon­flik­te und Span­nun­gen, die das Zusam­men Leben und Glauben stra­pazieren, EMK als ‚Es Men­schelt Kräftig‘. Auch das kön­nte etwas treffen.

Pro­gram­ma­tisch war hinge­gen die Deu­tung, die Bischof Bol­leter vor ziem­lich langer Zeit (® 2005) ein­mal in ein­er Kon­feren­zpredigt machte: EMK, so sagte er damals, ste­he für ‚Eine Miteinan­der Kirche‘. Das sei vielle­icht manch­mal mehr Vision als Real­ität. Aber wir soll­ten uns dafür engagieren, es bess­er zu ver­wirk­lichen: Eine Miteinan­der Kirche.

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