Mutig vorwärts gehen heisst heute das Thema. Wenn wir in einer Turnhalle wären, wenn wir unsere Muskeln aufgewärmt hätten, könnten wir das Thema spielerisch angehen: Sich mit geschlossenen Augen in die Arme anderer fallen lassen, die Kletterstange hoch gehen (davor hatte ich lange grosse Angst), vom Trampolin über ein Hindernis auf eine Matte springen …
Das schenken wir uns. Aber ganz ohne Mutprobe geht es nicht heute. Sie sehen es am Mikrophon in meiner Hand. Ich will ein paar Stimmen einfangen zu den Fragen:
zum dritten Mal beschäftigen wir uns heute mit den Werten unserer Kirche / Gemeinde. Zuerst ging es um Inklusion = Einschliesslichkeit. Dann beschäftigten wir uns letzten Sonntag damit, dass der dreieinige Gott Mittel- und Ausgangspunkt der Gemeinde sein und bleiben müsse. Heute nun geht es um das Wesen der kirchlichen Gemeinschaft. Sie soll tragend, grosszügig und befähigend sein.
Beginnen wir mit den Wörtern Kirche und Gemeinde. Im Griechischen steht hinter Kirche der Begriff ‚Ekklesia‘. Es leitet sich von einem Verb ab, das ‚herausrufen‘ bedeutet. Die Kirche ist demnach die Versammlung oder Gemeinschaft der Herausgerufenen ( … aus der Einsamkeit in die Gemeinschaft; aus der Dunkelheit ins Licht; aus der Gottferne (‚Sünde‘) in die Beziehung zu Gott). Im Deutschen ist ‚Kirche‘ wohl aus einem anderen griechischen Wort entstanden (kurikon bzw. kuriakon). Es bezeichnet, ‚was zum Herrn gehört‘. Kirche bilden also diejenigen, die zum Herrn gehören. Oder, beides zusammenfassend: Kirche ist die Gemeinschaft der in die Gotteskindschaft Berufenen.
Beim Begriff ‚Gemeinde‘ ist die Herleitung einfacher. Das Wort kommt von Gemeinschaft. Im Griechischen ist das ‚Koinonia‘, auf Lateinisch ist es ‚Communio‘. In den Paulusbriefen wird es zu einem ganz zentralen Begriff. Er bezeichnet das Miteinander derer, die in einer Beziehung mit Christus leben. Dieses Miteinander bzw. diese Gemeinschaft ist notabene durch Gottes schöpferisches Wirken begründet und geschaffen. Sie ist eine Neuschöpfung oder wenigstens die Wiederherstellung der ursprünglichen Gemeinschaft (im Paradies) von Menschen untereinander – und zusammen mit Gott.
vermutlich im Sommer des Jahres 50 n.Chr. kam der Apostel Paulus auf seiner zweiten Missionsreise nach Korinth. In der pulsierenden Hafenstadt blieb er eineinhalb Jahre und gründete eine christliche Gemeinde. Diese scheint schnell gewachsen zu sein und hat Menschen unterschiedlichster Couleur angezogen. Die Gemeinde erlebte schon in den ersten Jahren eine turbulente Geschichte. Das spiegelt sich auch in einem wechselhaften Verhältnis zwischen der Gemeinde und ihrem Gründer. Die beiden Briefe an die Korinther lassen da Vieles durchscheinen: Nachdem Paulus weitergezogen war, kamen nämlich andere christliche Missionare nach Korinth. Sie legten neue Schwerpunkte und widersprachen Paulus in manchen Punkten. So entstanden konkurrierende Richtungen in der Gemeinde. Es drohten sogar Spaltungen. Paulus versuchte zu vermitteln, wie sein erster Brief zeigt. Dennoch kam es zum zwischenzeitlichen Zerwürfnis. Schliesslich aber versöhnten sich Paulus und die Korinther wieder.
An einem Ort, in einem Kreis von Menschen nicht willkommen zu sein, das ist eine schwierige Erfahrung. Du gehst, so wie du bist, zum Beispiel in ein Restaurant. Dann kommt ein Kellner und serviert dir auf einem Teller die Notiz: Wir bitten Sie, unauffällig dieses Lokal zu verlassen. Etwas stimmt nicht mit dir in diesem Lokal: Deine Klamotten, deine Frisur oder die Art und Weise, wie du hereingekommen bist. Oder du machst den Eindruck, dass du nicht viel Geld hast. Du bist auf jeden Fall nicht willkommen.
Die Speisung der 5000 veranschauliche das Wunder der Gemeinde. Diese Überzeugung vertreten die beiden deutschen Pfarrer und Theologen Klaus Douglass und Fabian Vogt in ihrem Buch ‘Expedition zum Anfang’. Dieses Wunder lasse sich so umschreiben: Christen nehmen um sich herum (körperlich, seelisch oder geistlich) hungrige Menschen wahr. Sie lassen sich von dieser Not betreffen und sichten die Ressourcen, mit denen sie helfen könnten. Diese stellen sie vertrauensvoll Gott zur Verfügung und lassen sich von ihm beauftragen: “Gebt ihr ihnen zu essen!” Und dann fangen sie an zu verteilen und staunen, wie viele Menschen trotz äusserst begrenzter Ressourcen satt werden. „Gemeinde: Herausforderung? Überforderung? Geheimnis? Wunder!“ weiterlesen
Unsere Sicht auf die eigene Kirche und Gemeinde ist oft problem- oder defizitorientiert. Wir können gut benennen, was fehlt, was nicht so recht klappt und wo wir an Grenzen stossen. — Selbstkritik ist sicher wichtig. Aber man kann es auch übertreiben. Und dann gräbt man der eigenen Begeisterung nicht nur für die Gemeinde, sondern auch für den Glauben überhaupt, das Wasser ab. Das muss nicht sein. Denn es gibt Gründe, ein stolzer Methodist zu sein.