Liebe — ein Balance-Akt

Markus 12,28–34

Predigt am 09.07.2023 in der EMK Adliswil

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Liebe Gemeinde,

von ‚Work-Life-Bal­ance‘ wird viel gere­det. Das ‚Mode-Wort‘ bringt auf den Punkt: Arbeit und Vergnü­gen, Pflicht und Kür, Anstren­gung und Aus­ruhen sollen im Gle­ichgewicht sein. Wenn die Bal­ance ver­loren geht, ste­ht die Gesund­heit der Seele auf dem Spiel.

Ich weiss genau, was damit gemeint ist. Es war näm­lich ein Aus­lös­er der Depres­sion vor eini­gen Jahren, dass ich diese Bal­ance ver­loren hat­te. In der Ther­a­pie ging es deshalb immer wieder darum, wie die ‚Work-Life-Bal­ance‘ wieder zu gewin­nen und ‚abzu­sich­ern‘ sei. – Dabei hat­te ich aber nicht immer ein gutes Gefühl. Manch­mal schien mir, das The­ma gewinne zu viel Gewicht. Und mich beschlich dann die Sorge, dass so Denken und Fühlen auch ego­is­tisch ent­gleisen kön­nten. Wenn ich nur noch frage: Was will ich? Was tut mir gut? Was halte ich aus? …

Wie lässt sich das ver­mei­den? Wie behält man die Bal­ance, nicht nur zwis­chen ‚work‘ und ‚life‘, son­dern auch zwis­chen ‚ich‘ und ‚du‘? – Hil­fe finde ich im soge­nan­nten Dop­pel­ge­bot der Liebe: Jesus beze­ich­net die Liebe als das höch­ste und wichtig­ste bib­lis­che Gebot. Die Liebe sei das Mass aller Dinge (vgl. dazu auch 1. Kor 13, das ‚Hohe­lied der Liebe‘), das grundle­gende bib­lis­che Prinzip. Dabei redet Jesus von der Liebe in ein­er dreifachen Aus­prä­gung: Liebe zu Gott, Liebe zu den Mit­men­schen und der Liebe zu sich selb­st. Diese drei sind zueinan­der auszubal­ancieren. Hören wir also das soge­nan­nte Dop­pel­ge­bot der Liebe, das eigentlich ein Dreifachge­bot ist: Markus 12,28–34

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Recht oder Liebe?

Bildquelle: https://alenia.ch/artikel/grosszuegigkeit-ist-trumpf/

Bibel­text: 1. Korinther 13,4–7

Die Regeln rund um die Coro­na-Pan­demie schränken uns ein. Viele davon bleiben uns trotz Lockerun­gen noch lange erhal­ten. Ver­samm­lun­gen, auch kleine, bleiben ver­boten. Wenn man jeman­dem begeg­net, soll man auf Dis­tanz bleiben, sich­er nicht die Hände schüt­teln oder sich gar um den Hals fall­en. Und auch wenn wir den Sinn nachvol­lziehen kön­nen: Es fällt zunehmend schw­er­er, sich ganz daran zu hal­ten. Umso mehr ärg­ert es einen, wenn man andere beobachtet, die sich nicht (ganz) an alle Regeln hal­ten. Schliesslich: “Wenn ich schon schw­eren Herzens verzichte, sollen die anderen das gefäl­ligst auch tun …!”

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GASTBEITRAG: Was ist Würde?

von Pfr. Robert Seitz; aus seinem Buch: ‘offene Fen­ster’, S. 27f

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Wahre Würde hat wenig zu tun
mit glänzen­den Orden auf ein­er Brust.
Diese erin­nern eher an unwürdi­ge Kriege.
Sie hat nicht viel zu tun mit dezen­ten Klei­dern,
mit dunkel­blauen Kostüms
oder Nadel­streifen und Krawat­ten.
Auch der zer­lumpte Bet­tler in Paris
in seinen aus­ge­fransten Klam­ot­ten,
das schmutzige Kind auf dem Abfall­haufen in Rio,
der Aussätzige in Soma­lia -
sie alle haben ihre Würde.

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Sorge tragen zur Stimmung im Land

Bibel­text: Markus 12,28–34

Der Bibelle­se­plan, dem ich mehr oder weniger täglich folge, schlug gestern diesen Abschnitt vor: Das aller­wichtig­ste, das höch­ste Gebot, beste­he in der Liebe zu Gott und zu den Mit­men­schen. Ich geste­he, im ersten Moment wusste ich nicht so recht, was ich in Zeit­en von Coro­na damit anfan­gen sollte. Es ist so all­ge­mein, dass man damit in der konkreten Sit­u­a­tion kaum zu hil­fre­ichen Schrit­ten kommt. Ausser­dem erwartet man von einem Pfar-rer ja zwar schon, dass er von der Liebe redet. Doch wenn er es dann tut, löst das weniger Inter­esse, son­dern eher ein gelang­weiltes Gäh­nen aus.

Was kön­nte denn christliche Näch­sten­liebe im Moment konkret bedeuten?

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Ohne Berührungsangst

zu Markus 1,40–45

Coole Leute sind kon­taktfreudig. Dank den sozialen Medi­en ist es heute möglich, mit viel mehr Leuten zugle­ich Beziehun­gen zu pfle­gen. Allerd­ings bewegt man sich dabei oft vor allem unter Seines­glei­chen und damit in ein­er indi­vidu­ell abges­timmten Blase.

Hun­derte oder gar tausende dig­i­taler Fre­unde mögen Men­schen unser­er Zeit beein­druck­en. Jesus dage­gen würde solche Cool­ness wohl eher kri-tisch hin­ter­fra­gen: “Was ist denn schon Beson­deres daran, wenn ihr nur zu eures­gle­ichen fre­undlich seid?” (Mt 5,47). Vor allem, wenn  die Schar der dig­i­tal­en Fre­unde mit Be­rührungsängsten in analo­gen Begeg­nun­gen ein­herge­ht. Vielle­icht meine ich ja nur, ger­ade keine Zeit zu haben. Vielle­icht fürchte ich aber auch, in Pro­bleme hineinge­zo­gen zu wer­den oder ich scheue die Auseinan­der­set­zung mit anderen Mei­n­un­gen, anderen Kul­turen. Jeden­falls entwick­le ich im All­t­ag bisweilen Berührungsäng­ste, die mich Begeg­nun­gen ver­mei­den und viel ver­passen lassen. „Ohne Berührungsangst“ weiterlesen