der Ewigkeitssonntag konfrontiert uns mit dem Tod und der eigenen Sterblichkeit. Das mögen wir zwar nicht, aber es ist wichtig. In Psalm 90,12 bittet einer sogar: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden!“ – Auch ausserbiblisch wurde der Gedanke an den Tod in der Antike empfohlen. So gab es im alten Rom folgenden Brauch: Bei Triumphzügen von hohen Offizieren hatte ein Sklave auf dem Triumphwagen zu stehen. Seine einzige Aufgabe bestand darin, dem Geehrten alle paar Minuten ins Ohr zu sagen: „Memento mori!“ Frei übersetzt: „Denk daran, du bist sterblich!“ Vielleicht etwas makaber, aber ein probates Mittel um auch im Triumph am Boden zu bleiben.
wir leben in chaotischen, stürmischen Zeiten. In den Medien jagt eine Hiobsbotschaft die nächste. Es ist schwierig, zuversichtlich oder auch nur einigermassen entspannt zu bleiben, wenn man von Kriegen liest, von Korruption liest oder die Bilder von Überschwemmungen und Stürmen liest.
Vor diesem Hintergrund kann es gut tun, die Geschichte davon, wie Jesus auf dem See Genezareth einen Sturm stillte, zu lesen. Ich gehe heute so an sie heran, dass ich sie wie ein Gleichnis anschaue. Dabei wird die Geschichte zum Bild für unser Unterwegssein im Leben und Glauben: Das Leben gleicht dann einem Boot, unterwegs von einem Ufer zum anderen. Oft kreuzen wir damit Gott sei Dank in ruhigen Gewässern. Dann ist es leicht, darauf zu vertrauen, dass Gott mit uns ist. Doch der See kann rauh und stürmisch werden. Wir haben vielleicht mit Wellen und veritablen Stürmen zu kämpfen. Doch auch dann ist Christus an unserer Seite. Er verliert weder die Übersicht noch das Vertrauen. – Ich lese Markus 4,35–41:
Erntedank-Predigt am 29.09.2024 in der EMK Adliswil
Liebe Gemeinde,
sich Sorgen zu machen, Probleme zu sehen und darüber zu stöhnen fällt vielen oft leicht. Darum sang der deutsche Entertainer Jürgen von der Lippe schon vor bald 40 Jahren: “Guten Morgen liebe Sorgen, seid ihr auch schon alle da? Habt ihr auch so gut geschlafen? Na, dann ist ja alles klar ….
Zur Dankbarkeit hingegen müssen sich viele einen Schupf geben. Und aus Dankbarkeit heraus grosszügig zu teilen ist noch weniger selbstverständlich. Dazu habe ich vorletzte Woche zwei Erlebnisse gemacht:
Wir sind unterwegs, sind Auf dem Weg: Ob tatsächlich auf einer Wanderung oder nicht, ob im Alltag in Beruf, Familie, Freundeskreis und Freizeit. Wir sind auf dem Weg. Auch im Glauben sind wir unterwegs. Wir gehen weiter, können nicht bleiben, wo wir sind, dürfen und müssen uns weiterentwickeln. Auf diesem Weg sind wir zugleich eingeladen und herausgefordert, unterwegs zu Hause zu sein. So habe ich es heute vor einer Woche formuliert.
Unterwegs zu Hause sein kann ich in Beziehungen, mit anderen Menschen und mit Gott. Ich bin auf dem Weg nicht allein, sondern lebe in Beziehung. In der Kommunikation, indem ich gehört, gesehen und angesprochen werde, finde ich Geborgenheit. So kann ich unterwegs zu Hause sein.
der Wanderstecken in meiner Hand zeigt an, dass auch heute Bezüge zu meiner Wanderung im Sommer Teil der Predigt sind. Zum Einstieg sehen Sie das Thema eingeblendet: Unterwegs zu Hause. – Was löst diese Formulierung in Ihnen aus? Leuchtet sie ein? Stört sie? Löst sie Widerspruch aus?
Am letzten Sonntag lautete das Thema: Auf dem Weg. Es ging darum, wie sehr unser Glauben und Leben auf dem Weg geschieht. Heute spitze ich das mit ‚unterwegs zu Hause‘ zu. Damit teile ich eine Frage mit Ihnen, die mich schon lange begleitet und die auf dem Weg neue Aktualität gewann. Ohne dass ich sie abschliessend beantworten könnte.
Doch der Reihe nach: Wir sind Auf dem Weg. Jesus nachfolgen bzw. an Christus glauben bedeutet: auf dem Weg sein. Ob uns immer klar ist, wie sehr wir damit herausfordert sind? Mit Jesus auf dem Weg sein ist eigentlich eine nomadische Lebensform. Das Nomadische ist uns aber ziemlich fremd. Als Gesellschaft stehen wir ihm ja ziemlich kritisch oder sogar ablehnend gegenüber: Fahrende werden als ‚Zigeuner‘ beschimpft und auf wenige und kleine Flächen begrenzt. Mit Migration haben wir grosse Schwierigkeiten. Selbst Flüchtende nehmen wir eher grummelnd auf. Unser Lebensstil ist sesshaft. Wir haben uns unser ‚Plätzchen‘ erobert, das wir energisch verteidigen. – Ich habe den Eindruck, dass das nicht nur für unser Wohnen und Leben gilt. Sondern auch für unsere Überzeugungen, Konzepte und Gedanken.
Auf dem Weg – Schon in der Bibel kommt das Stichwort ‚Weg‘ häufig vor. Oft als Bild für den Glaubensweg, den Lebensweg, ja das Leben überhaupt. 1678 veröffentlichte der englische Baptistenprediger John Bunyan sein Buch ‚Pilgerreise zur seligen Ewigkeit (original: ‚The Pilgrim’s Progress from this World to That Wich is to Come‘). Es wurde zu einem der bekanntesten Bücher der Weltliteratur und trug dazu bei, das Bild des Weges zum zentralen Begriff der Glaubenssprache zu machen. Heute trägt seit längerem auch der Pilgerboom dazu bei, dass ‚Weg‘ als zentrales Element von Spiritualität (nicht nur der christlichen) wahrgenommen und verstanden wird.
an der Liebe Gottes kommt man in der Kirche nicht vorbei. Manchmal könnte es einem fast zu viel werden! — Heute ja schon wieder ganz am Anfang: „Die Liebe Gottes sei mit euch allen!“ Immerhin in der Form eines Zuspruchs, einer Zusage. Und nicht als Forderung: „Liebt einander!“ – „Liebt mehr oder liebt besser!“ – Die Forderung könnte nämlich schmerzliche Erinnerungen wecken: An Momente, in denen wir anderen Liebe schuldig geblieben sind. Und an Momente, in denen andere Liebe uns gegenüber vermissen liessen und uns so verletzten. Tja, die Liebe. Das ganze Jahr 2024 steht unter dem Motto: «Alles, was ihr tut, geschehe aus Liebe!» (Jahreslosung aus 1.Kor 16,14). Was für ein hoher Anspruch! Und wie traumhaft, wenn es gelingen könnte! Aber, ist das realistisch?
ich habe Anfang Woche ein Mail erhalten. Darin hat mir jemand ausführlich von einer anderen EMK-Gemeinde erzählt. Es ist von vielen Problemen die Rede. Aber der Bericht endet dann so: „Unsere Gemeinde würde es, menschlich gesehen, in dieser Form nicht geben nach allen Problemen, die wir in den letzten Jahren hatten. Und doch gibt es sie. Sie ist lebendig und Vielen eine Heimat. Ostern — Auferstehung, das Ende der Hoffnungslosigkeit, wenn auch anfänglich gar nicht wahrgenommen.“
Wir haben am nächsten Donnerstag Bezirksversammlung. Sie haben die Berichte vielleicht schon gelesen. Die Zahlen zu den Finanzen mitgenommen und studiert. Und dabei wohl entdeckt: Es gibt Herausforderungen, Sorgen und Fragen. Die Zukunft unseres Gemeindebezirks mag – menschlich gesehen – kurzfristig gesichert sein. Mittelfristig steht sie mindestens auf wackligen Füssen. Und langfristig? Na ja, sagen wir mal so: Würde jemand wetten, dass es den Gemeindebezirk in zehn Jahren noch so gibt? – Das wäre menschlich gesehen riskant. Anzeichen eines neuen Aufschwungs drängen sich ja nicht auf.
Mutig vorwärts gehen heisst heute das Thema. Wenn wir in einer Turnhalle wären, wenn wir unsere Muskeln aufgewärmt hätten, könnten wir das Thema spielerisch angehen: Sich mit geschlossenen Augen in die Arme anderer fallen lassen, die Kletterstange hoch gehen (davor hatte ich lange grosse Angst), vom Trampolin über ein Hindernis auf eine Matte springen …
Das schenken wir uns. Aber ganz ohne Mutprobe geht es nicht heute. Sie sehen es am Mikrophon in meiner Hand. Ich will ein paar Stimmen einfangen zu den Fragen:
in seinem Jahresrückblick zählt der Tagesanzeiger 20 Dinge auf, die 2023 zum ersten Mal passiert sind. Darunter gibt es Positives. Aber hängen bleiben vor allem die Katastrophenschlagzeilen: Wetterrekorde, die zeigen, dass der Klimawandel in vollem Gang ist. Und das kaum gebremst. Der Zusammenbruch der CH-Superbank Credit Suisse. Der demographische Wandel: Erstmals gibt es mehr als 100‘000 65-jährige in der CH. Und das sind 14‘500 mehr als 20jährige. Der Vormarsch von Rechtspopulisten in der westlichen Welt. Die KI hat den Sprung in den Alltag geschafft, was womöglich grosse Risiken birgt ….
Dazu kommen viele weitere schlechte Nachrichten: Kriege. Naturkatastrophen. Signale, dass die Gesellschaft am Auseinanderbrechen sein könnte. Wer sich das alles bewusst macht, braucht Kraft, es auszuhalten. Zuversicht wird zur Herausforderung. Gesucht sind Quellen der Hoffnung. Dabei flüchten sich manche in verklärende Nostalgie. Sie schwärmen dann vor guten alten, vermeintlich besseren Zeit. Andere flüchten in die Zukunft. Sie heben geradezu ab und verlieren sich in Visionen z.B. über die Eroberung neuer Lebensräume im Weltraum. Dazwischen suchen manche, u.a. Christen, Hoffnung zu wecken und zu begründen. Das ist schliesslich eine Hauptaufgabe von ChristInnen/Kirchen: Wir sind ExpertInnen der Hoffnung. Dazu sind wir nicht nur ausgesandt, sondern auch begabt. – Aber das ist schwierig heute. Wer anderen Hoffnung machen will, braucht zuerst eine gute Verwurzelung der eigenen Zuversicht. Muss selbst Hoffnung haben! Aber wie und woher? Was lässt uns angesichts von lauter Katastrophen und Problemen hoffen?