Im Gespräch mit der Bibel und Gott

Psalm 23

Predigt am 25.08.2024 in der EMK Adliswil

Liebe Gemeinde,

Wir sind unter­wegs, sind Auf dem Weg: Ob tat­säch­lich auf ein­er Wan­derung oder nicht, ob im All­t­ag in Beruf, Fam­i­lie, Fre­un­deskreis und Freizeit. Wir sind auf dem Weg. Auch im Glauben sind wir unter­wegs. Wir gehen weit­er, kön­nen nicht bleiben, wo wir sind, dür­fen und müssen uns weit­er­en­twick­eln. Auf diesem Weg sind wir zugle­ich ein­ge­laden und her­aus­ge­fordert, unter­wegs zu Hause zu sein. So habe ich es heute vor ein­er Woche formuliert.

Unter­wegs zu Hause sein kann ich in Beziehun­gen, mit anderen Men­schen und mit Gott. Ich bin auf dem Weg nicht allein, son­dern lebe in Beziehung. In der Kom­mu­nika­tion, indem ich gehört, gese­hen und ange­sprochen werde, finde ich Gebor­gen­heit. So kann ich unter­wegs zu Hause sein.

Nun ist das ja leicht gesagt. Es lässt sich auch wenig dage­gen sagen. Doch die Frage ist: Wie wird es erleb­bar und gestalt­bar? Wie erlebe ich die Beziehung mit Gott konkret? Wie gestalte ich die Kom­mu­nika­tion mit ihm? Wie lässt sich eine Ein­bahn-Kom­mu­nika­tion (d.h. ich rede; Gott ‚muss‘ zuhören) ver­mei­den? Wie kann ich ihn auch hören, ihm zuhören? – Dazu will ich heute Erfahrun­gen und Ein­drücke mit Euch teilen. Dies unter dem The­ma: Im Gespräch mit der Bibel und mit Gott.

Ich suche am Mor­gen das Gespräch mit Gott. Dabei folge ich auf meinem Spazier­gang vor der Arbeit schon lange ein­er mehr oder weniger fes­ten ‚Liturgie‘: Bibel­texte, die ich mir vor­sage; Lieder, die ich singe; gesproch­enes freies Gebet; Momente der Stille. Dabei kann ich mir der Gegen­wart und Nähe Gottes bewusst wer­den. Auf mein­er lan­gen Wan­derung habe ich diese ‚Liturgie‘ auch ver­wen­det. Manch­mal habe ich sie ein wenig vari­iert. Und oft aus­ge­baut. Ich will ja nicht, dass sich die ‚Liturgie‘ ver­fes­tigt und erstar­rt. Und ich wehre mich gegen die Gewohn­heit, die mich das Ganze nur noch herun­ter­spulen lässt. So wür­den auch die Momente der Stille, des bewussten Hörens auf Gott ver­loren gehen.

Darum sage ich die Bibel­texte manch­mal nicht nur auf, son­dern suche ver­schiedene Zugänge dazu, um so mit der Bibel ins Gespräch zu kom­men. Ich will das jet­zt am Beispiel von Psalm 23 durch­spie­len. Er begleit­et mich seit Jahren fast täglich. Wir haben ihn in der Schriftle­sung gehört. Und wir alle ken­nen ihn bess­er als viele andere Bibeltexte.

Zugang 1: Ins Gespräch kom­men mit dem Bibeltext

Der Herr ist mein Hirte!
Wenn Du mein Hirte bist, bin ich dann ein dummes Schaf? Das will ich nicht sein. Und es stört mich, wenn ich als Pfar­rer gefragt werde: „Was mache ‚dini Schöfli‘?“ Wir sind erwach­sene Men­schen. Wir sind frei und fähig, ver­ant­wortliche Entschei­dun­gen zu tre­f­fen. – Nein. Das kannst Du nicht in Frage stellen. Du siehst mich nicht als Schaf. Aber mit dem Bild zeigst Du mir: Du, Gott, kennst mich genau wie ein Hirte seine Schafe. Oder noch viel besser.

Mir wird nichts man­geln!
Doch, Gott! Du weisst, was ich ver­misse und mir fehlt. Es ärg­ert mich, wenn das fromm übertüncht wird. Ich erlebe Man­gel, immer wieder: Manch­mal ist es die Gesund­heit. Ich ver­misse Men­schen. Wenn Beziehun­gen nicht gelin­gen, fehlt mir viel. Und es man­gelt mir an Ideen. An Ver­trauen. An Mut. An Glauben. An Hoff­nung. An Liebe. Um von materiellen Din­gen gar nicht erst zu reden. – Willst Du mich daran erin­nern, dass Du mir das Leben über­haupt geschenkt hast. Und es mir entwick­eln und gestal­ten hil­f­st? — Das will ich fes­thal­ten: Du lässt mich leben. Und du hil­f­st mir, das Leben gut zu gestal­ten. Dabei schenkst Du mir nicht alles, was ich mir wün­sche. Aber doch, was zum Leben und zum Weit­erkom­men nötig ist.

Er wei­det mich auf ein­er grü­nen Aue und führt mich zum frischen Wass­er.
Die reine Idylle! Klingt zu schön, um wahr zu sein. Doch immer wieder habe ich erfahren, ger­ade auf mein­er Wan­derung: Der gute und schöne Platz zum Innehal­ten ist immer da, wen ich eine Pause brauche. Gott, du schenkst mir ‚gute Plät­zli‘, Orte, an denen ich Anlauf holen kann für das näch­ste Wegstück.

Er erquickt meine Seele!
Über dieses Wort stolpere ich. Erquick­en sagt heute nie­mand mehr. Aber vielle­icht: Erfrischen. Oder: Beleben. Und ich glaube, das gilt nicht nur für die Seele. Son­dern für den ganzen Men­schen. – Ich ver­ste­he und freue mich darüber: Du, Gott, beleb­st mich durch und durch!

Er führt mich auf rechter Strasse um seines Namens willen.
Welch­er Weg ist der Richtige? Ich bin so oft ver­wirrt, ori­en­tierungs­los. Aber du, Gott, kennst den Weg. Ja, du bist der Weg. Du gehst mir voraus. Ich kann Dir nach­fol­gen. Vor Sack­gassen willst Du mich bewahren. Und wenn ich doch hinein­laufe, machst du mich fähig umzukehren. Ich gehe nicht ver­loren. Dafür ver­bürgst Du dich mit deinem Namen: Immanuel — Gott ist mit uns.

Und ob ich schon wan­derte im fin­steren Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Steck­en und Stab trösten mich.
Manch­mal sehe ich nur noch schwarz. Ich habe Angst. Ich füh­le mich allein. Doch dann fällt mir ein: Du, Chris­tus, kennst die Fin­ster­n­is. Du hast sie selb­st durch­lit­ten und durch­schrit­ten. Du bist bei mir in meinen Dunkel­heit­en. Vielle­icht spüre ich davon nichts. Und doch stimmt es: Du bist da. Du stützt mich. Daran klam­mere ich mich und suche so Zuver­sicht. – Für mich selb­st for­muliere ich diesen Vers manch­mal so: Und wenn ich nur noch schwarz sehe, will ich glauben, dass es ein Ende vom Tun­nel im Licht gibt. Weil du, Chris­tus, die Fin­ster­n­is kennst und immer neben mir bist. Du gib­st mir Sicher­heit und Stütze. Das gibt mir Zuversicht.

Du bere­itest vor mir einen Tisch im Angesicht mein­er Feinde.
Habe ich Feinde? Es gibt schon Leute, die mich ein­schüchtern oder mir sog­ar Angst machen. Trotz­dem denke ich beim Stich­wort ‚Feinde‘ nicht zuerst an Men­schen. Son­dern an schwierige Umstände. An Gegen­wind. An schlechte Erfahrun­gen. An Dinge, die mich brem­sen, aus­lau­gen, verun­sich­ern, mich demo­tivieren, mich inner­lich ver­hungern und ver­dursten lassen. Doch Du, Jesus, bist das Brot. Du gib­st lebendi­ges Wass­er. Also ist das Ver­sprechen: In allen Wider­wär­tigkeit­en sorgst Du dafür, dass ich in kein­er Art inner­lich ver­hun­gere oder verdurste.

Du salb­st mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein!
Schmieriges Öl mag ich eigentlich nicht, schon gar nicht auf dem Kopf. Aber ich weiss, dass eine Sal­bung mit Öl damals nicht nur eine Ehrung war, son­dern auch ver­an­schaulichte, dass Gott seinen Geist über jeman­dem aus­giesst. Wenn Du mich salb­st, ehrst du mich also. Du hast beste Gedanken über mich. Und du gib­st mir die Kraft deines Geistes. – Viel mehr als genug hast du für mich. Das eingeschenk­te Glas ist mir näher als das Öl. Und ich freue mich: Ich darf mit dir, Gott, das Leben feiern und darauf anstossen.

Gutes und Barmherzigkeit wer­den mir fol­gen mein Leben lang.
Redest Du von der Wirkung, die Du meinem Leben ver­leihst. Wenn ich mit Dir ver­bun­den bin, hat das aus­ge­sprochen pos­i­tive Auswirkun­gen. Auf mich sel­ber. Auf meine Mit­men­schen. Auf meine Umge­bung. Nicht, weil ich so gut bin. Aber weil Du in mir und durch mich wirkst.

Ich werde bleiben im Haus des Her­rn für immer.
Das Haus des Her­rn ste­ht für die Nähe Gottes. Du ver­sprichst mir also: „Du kannst nicht aus mein­er Gegen­wart her­aus­fall­en. Ich bleibe bei Dir.“ Darauf ich: „Ich will Deine Nähe suchen und zulassen. Danke, dass Du mir Kraft zum Leben gibst.“

So z.B. ver­suche ich auf dem Weg mit einem Bibel­text, und damit mit Gott im Gespräch zu sein. Es hil­ft mir, Gott zu hören. Sein Reden wird lebendig für mich. Seine tra­gende Nähe wird spür­bar. Wir sind und bleiben in Beziehung.

Zugang 2: Wahrnehmungen mit Bibel­text in Verbindung brin­gen (Bilder)

Einen anderen Zugang zum Bibel­text finde ich, wenn mich das, was ich sehe und erlebe, an den Bibel­text erin­nert. Psalm 23 habe ich so im Blut, dass mir fast ständig etwas daraus in den Sinn kommt. Mit ein paar Bildern/Schnappschüssen von mein­er Wan­derung will ich zeigen, was ich meine:

(Bild) Schafen bin ich auf mein­er Wan­derung nicht begeg­net. Auch keinem Hirten. Aber diese aufgeregte, hek­tis­che Herde von Truthäh­nen liess mich denken: Denen täte ein Hirte gut. Er führte sie zur Ruhe.

(Bild) Ich glaube, ich habe noch nie so inten­siv den Bergfrüh­ling erlebt. Alles blühte zugle­ich. Enziane, Anemo­nen, Alpen­rosen … das hat mir die über­schwängliche Fülle Gottes vor Augen geführt.

(Bild) Über­all gibt es schöne Plät­zli und lebendi­ges Wasser.

(Bild) Erquick­ung – Nichts kommt dem Him­mel auf Erde näher als eine Dusche nach einem Wan­dertag. Statt ein­er Dusche zeige ich allerd­ings lieber einen Wasserfall.

(Bild) Über diesen Weg gehe ich nur, wenn er zer­ti­fiziert ist. Gottes Weg ist zer­ti­fiziert. Er ver­bürgt sich dafür mit seinem Namen.

(Bild) In der Aareschlucht ist der Gedanke ans ‚fin­stere Tal‘ sehr nahe. Der gut gesicherte Weg erin­nert mich daran, dass Gott mich auch dort trägt.

(Bild) Wie oft schon haben mich solche bib­lis­chen Sätze auf Plakatwän­den genau im richti­gen Moment erre­icht. – Keine Angst. Gott ist bei mir!

(Bild) Diese Steinkirche auf dem Grim­sel­pass: Sinnbild für Gottes Stärke und Hilfe.

(Bild) Zwar nicht im Angesicht mein­er Feinde. Aber ich war der einzige Gast in diesem Hotel. Und so liebevoll wurde mir das Früh­stück bereitet

(Bild) Es muss noch ein­mal ein Wasser­fall sein. Was kön­nte ein­drück­lich­er sym­bol­isieren: ‚Du schenkst mir voll ein‘.

(Bild) Die Sonne über meinem Weg zeigt: Das Gute und die Barmherzigkeit Gottes fol­gen mir und gehen mir voraus.

(Bild) Im Tessin war es am ein­drück­lich­sten: Über­all und immer sehe ich Kirchen, Häuser Gottes, die mich daran erin­nern: Gott ist da und nah. Oder mit Ps. 139 gesagt: „Von allen Seit­en umgib­st Du mich und hältst deine Hand über mir!“

Das, was ich sehe und Men­schen, die mir begeg­nen erin­nern mich an bib­lis­che Aus­sagen und Zusagen. So erlebe ich Gottes Reden zu mir immer wieder. So spüre ich, dass Gott mit mir in Beziehung ist.

Zugang 3: Psalm 23 mit Gesten/Bewegungen beten …. (nur live im Gottes­di­enst; als BLOG-LeserIn haben sie für ein­mal Pech)

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