Gehalten am 26.11.2023 (Ewigkeitssonntag) in der EMK Adliswil
Liebe Gemeinde,
der Kontrast ist gross am Ewigkeitssonntag: Auf der einen Seite sind die Trauer und der Schmerz in der Erinnerung an jene, die nicht mehr unter uns sind. Auf der anderen Seite sind Hoffnung und Vorfreude auf die Vollendung, auf die Ewigkeit. Wie bringen wir beides zusammen?
starker Wind, wie wir ihn diese Tage erlebt haben, kann Spass machen: Man kann Drachen steigen lassen. Oder man kann sich auf freiem Feld gegen den Wind lehnen und ein wenig das Gefühl vom Fliegen erahnen. Stürme können aber auch gefährlich sein. Und es kostet viel Kraft, macht müde, lange Zeit gegen den Wind zu kämpfen. Dauernd im Gegenwind zu stehen, auch im übertragenen Sinn, das wünscht sich niemand. – Heute geht es um Gläubige, die im Gegenwind stehen.
in einem meiner liebsten Segenssprüche heisst es: „Der Gott, der Frieden schafft und Frieden gibt, rüste euch aus mit allen guten Kräften, die ihr braucht, seinen Willen zu erfüllen. Er wirke in euch, was ihm selbst gefällt.“ – ChristInnen reden ja immer wieder vom Willen Gottes und davon, wie wichtig es sei, danach zu leben. Wir beten auch Sonntag für Sonntag: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden!“ Doch so einfach ist das ja nicht mit dem Willen Gottes! Auch wenn uns z.B. von den zehn Geboten und vom Doppelgebot der Liebe her grundsätzlich klar sein müsste, was Gott will: In der konkreten Situation kann es dann doch schwierig sein: Im Blick auf den Nahostkonflikt z.B.: Bedeutet ‚fest an der Seite Israels zu stehen‘ (wie es gerade in christlichen Kreisen oft und z.T. lautstark gefordert wird) automatisch, ein Gegner Palästinas sein zu müssen?
zwei ehemalige Schulkollegen treffen sich nach vielen Jahren wieder einmal. Sie haben sich natürlich viel zu erzählen. Der erste schwärmt von seinem tollen Job. Ausserdem sei er gerade in sein neues Haus eingezogen. Seine Kinder entwickelten sich prächtig und auch mit seiner Frau sei er eigentlich ganz glücklich. „Was heisst denn da ‚eigentlich’?“ fragt der andere zurück. Und bekommt dann zu hören: „Ja weißt du, wenn wir uns mal streiten, dann wird meine Frau immer gleich historisch!“ Sein Freund korrigiert: „Das heißt aber hysterisch!“ — „Nein, nein,“ beharrt der andere, „ich meine wirklich historisch. Dann zählt sie mir aus zwanzig Jahren Ehe jedes Vergehen, jede Verletzung, jeden vergessenen Hochzeitstag lückenlos auf. In solchen Dingen hat sie ein erstaunliches Gedächtnis!“
Wie sieht bei Ihnen aus? Werden sie manchmal auch ‚historisch’? — Gründe dafür gäbe es wohl mehr als genug. Da ist der Freund, dem ich etwas Persönliches anvertraut habe – und er hat es nicht nur weitererzählt, sondern auch noch Witze darüber gerissen. Da ist der Rivale am Arbeitsplatz, der einem beim Chef schlecht gemacht hat. Das brennt sich ins Gedächtnis und man denkt dabei: „Warte du nur …“ Da ist der Nachbar, der mit Rasenmähen wartete, bis ich es mir in der Hängematte bequem gemacht hatte. Da ist die Freundin, die mir nicht zum Geburtstag gratuliert hat. Da ist ein Lehrer, der mich vor der Klasse blossgestellt hat. Wenn wir an solche Dinge denken – und mögen sie auch Jahre zurückliegen -, dann kann die Wut plötzlich wieder in uns hochkochen …